Esso Häuser : Gefeilsche um Sozialwohnungen

Verschenkt die Stadt auch auf St. Pauli Sozialwohnungen? Offenbar rudert der Bezirk beim Streit um deren Anteil beim Neubau der Esso-Häuser zurück. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Stadt zulasten günstigen Wohnraums einem Investor entgegen kommt.

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Die Esso-Tankstelle wurde bereits abgerissen. Bis Ende April sollen die Arbeiten an den Wohnhäusern abgeschlossen werden.

Knickt der Bezirk Mitte im Streit um die Esso-Häuser ein? Eigentlich hatte die Bezirksversammlung beschlossen, dass 50 Prozent Sozialwohnungen auf dem Areal entstehen soll. Doch die Bayerische Hausbau weigert sich mehr als 30 Prozent Sozialwohnungen zu bauen. Sie hält das für nicht finanzierbar. Ausgerechnet Bezirksamtsleiter Andy Grote kommt dem Investor jetzt einen Schritt entgegen. „Als Bezirk sagen wir, man könnte auch etwas flexibler mit einer Bandbreite von 40 bis 50 Prozent öffentlich geförderter Wohnungen anfangen“, sagte er im Interview mit der taz.

Dabei hatte Grote sich vorgenommen, beim Neubau der Esso-Häuser bezahlbaren Wohnraum und Sozialwohnungen in möglichst großer Zahl“ durchzusetzen. Das sagte er zum Amtsantritt im Gespräch mit Hinz&Kunzt. Die Wirtschaftlichkeit eines Bauprojektes für den Investor sei zwar zu berücksichtigen, „aber er muss auch wissen, in welchem Stadtteil er sich bewegt und was die Anforderungen sind.“

Sein Zurückrudern erinnert an die schlechten Verhandlungsergebnisse, die der Senat bei einem anderen großen Wohnungsbauprojekt erzielte. In der Wulffsche Siedlung in Langenhorn sollen nur 90 von 700 neuen Wohnungen Sozialwohnungen werden. Und viel weniger, als die Stadt hätte verlangen können. Und sogar weniger als der sogenannte Drittelmix verschreibt.

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Seit 2011 ist Andy Grote Bezirksamtsleiter im Bezirk Mitte. Im Streit um die Esso-Häuser kommt er dem Investor jetzt entgegen.

Die Äußerungen Grotes zur eventuellen Aufweichung der Quote bei den Esso-Häuser will Bezirksamtssprecherin nicht bestätigen. Tatsächlich gäbe es aber die Überlegung, den Investor bei der Schaffung von Sozialwohnungen zu entlasten. Eine Genossenschaft könnte in die Bauplanung miteinbezogen werden. Diese könnte einen Teil des Neubaus übernehmen und als Sozialwohnungen vermieten. So könnte die Quote von 50 Prozent auch erfüllt werden.

Bis Bezirk und Investor sich geeinigt haben, ruhen die Baupläne. „Architekten können erst beauftragt werden, wenn fest steht, wie hoch der Anteil öffentlich gefördertem Wohnraums ist“, so Bernd Taubenberger, Sprecher der Bayerischen Hausbau. Denn gerade für den Bau von Sozialwohnungen gelten strikte Vorgaben zur Ausstattung und Wohnungsgröße, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen. Voran gehen solange nur die Abrissarbeiten. Bis Ende April sollen sie abgeschlossen sein. Dann wird auf dem Areal an der Reeperbahn eine große Baulücke klaffen.

Text: Jonas Füllner/Beatrice Blank
Foto: Benjamin Laufer (oben)/Daniel Cramer (unten)