Torsten Fritz war der gute Geist hinter dem „KunztCafé“ anlässlich unseres 30. Geburtstags – und ist „heute noch beseelt“!
Vor der verschlossenen Ladentüntür, an der Aufkleber prangen wie „Refugees welcome“, „Stand with Ukraine“ oder „Antifa Area“, rollen plötzlich zwei Fahrräder heran. „Hier habt ihr schon mal den Schlüssel, ich bringe noch rasch meinen Sohn von der Schule nach Hause“, sagt der freundliche Typ auf dem ersten Rad, den man im Szenejargon als „stabil“ beschreiben würde: kräftige Statur, strohblond verwuschelter Schopf mit lila Topping, schwarzer Hoodie, trotz spätherbstlich frischer Außentemperaturen nur knielange Shorts und darunter mächtige nackte Waden. Willkommen in Halstenbek-Krupunder, willkommen bei „Quiieetsch“, willkommen bei Torsten Fritz!
Eine Viertelstunde später ist der Laden-Hüter zurück in seinem 220 Quadratmeter großen, quietschbunten Reich der Sinne, das an diesem Freitag nachmittags geöffnet hat. Sage und schreibe 1500 verschiedene Stoffe, dazu Mützen, Taschen, Mäntel, Kissen, Kinderlatzhosen, Jacken und mehr – „alles Unikate, und alles von meiner Frau und mir selbst genäht“, sagt Torsten nicht ohne Stolz. Wobei, den Torsten treibt er uns gleich mal aus: „Alle sagen Fritze zu mir.“ Seit sieben Jahren schmeißt er gemeinsam mit seiner Frau Kesrin den Laden – und seit zwei Jahren auch noch die zuvor von der Schließung bedrohte lokale Poststelle. „Ansonsten wäre dem Ort ein wichtiges Stück Gemeinschaft verloren gegangen“, sagt der 46-jährige Vater von drei Kindern. Und das ist mit einem wie ihm nicht zu machen. Oder um es mit dem Namen seiner Firma zu sagen: Fritze macht das!
Denn „Quiieetsch“ ist ja nur das eine Standbein der multitaskenden Familie Fritz. Kesrin ist zusätzlich Tagesmutter, Fritze seit mehr als 20 Jahren erfolgreich unterwegs im Veranstaltungs- und Eventmanagement. Homepage, Instagram, LinkedIn? Braucht er alles nicht: „Ich habe immer gut von der Mund-zu-Mund Propaganda meiner Kunden und Freunde leben können.“
So kam er auch bei Hinz&Kunzt auf den Radar, als ein Macher für das temporäre KunztCafé zum 30-jährigen Geburtstag des Straßenmagazins im „Neuen Amt Altona“ gesucht wurde. Fritze bekam den „Job“ und hatte jede Menge Spaß: „Das war eine tolle Geschichte mit tollen Menschen und schönen Veranstaltungen, ich bin heute noch ganz beseelt.“ Obwohl er das Wasser für die Kaffeemaschine in Kanistern aus dem Keller ranschleppen musste, weil es „oben“ kein fließendes Wasser gab.
Aber geht nicht, gibt’s nicht für einen wie ihn, dem Sinn und Lebensglück wichtiger sind als ein dickes Bankkonto – welches wohl durchaus drin wäre. Doch dann, sagt er, „müsste ich mich kapitalistisch ganz anders aufstellen, und da habe ich keine Lust drauf.“