Freundeskreitmitglied

Fuß in der Tür

Freundeskreismitglied Gabriele Momsen-Seligmann. Foto: Miguel Ferraz
Freundeskreismitglied Gabriele Momsen-Seligmann. Foto: Miguel Ferraz
Freundeskreismitglied Gabriele Momsen-Seligmann. Foto: Miguel Ferraz

Hinz&Kunzt-Freundin Gabriele Momsen-Seligmann arbeitet seit mehr als 30 Jahren als Immobilien-Fachwirtin – mit Herz für Menschen in prekären Lebenssituationen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Sie kennt das aus eigenem Erleben. Anfang der 1980er-Jahre, als Gabriele Momsen-Seligmann aus Westfalen nach Schleswig-Holstein kam, war die Wohnungssuche für die junge, alleinerziehende Mutter ein Spießrutenlauf ohne Ende. „Ich bekam sogar Angebote, in ‚Naturalien‘ zu zahlen“, erinnert sie sich. Doch es ging dann Gott sei Dank auch ohne Sex. Weil schließlich eine Witwe Verständnis zeigte für die junge Frau in Not, die vor ihr stand, und ihr eine Wohnung in Neumünster vermietete.

Die gelernte Bankkauffrau („Ich habe es gehasst“) hat damals nicht ahnen können, dass sie später selbst im großen Stil Wohnraum vermakeln würde. Mehr als 30 Jahre lang, und das nicht nur für den Lebensunterhalt, sondern auch als Lebensinhalt. Denn die Lektion von damals war ihr eine Lehre fürs Leben.

Erst im vergangenen Monat hat die 71-Jährige, die auch heute noch nahe Neumünster lebt, ihre Wohnungsverwaltung endgültig an einen Nachfolger übergeben. Dort betreute sie zuletzt als Hauptverantwortliche mit ihrem Team mehr als 500 Objekte. Sie selbst, die seit acht Jahren wieder zur Miete wohnt, habe „niemals Reichtümer verdient“. Wohl auch, weil sie stets darauf geachtet hat, vielen Menschen eine Chance zu geben, deren Leben gerade ein Tal durchlief. Denn: „Wohnen ist nicht nur ein Grundrecht, sondern mit Wohnen fängt alles an. Und ohne Wohnung bist du heute beinahe ein Nichts.“

Momsen-Seligmann, 1,85 Meter groß und ein resoluter Typ, hat mit ihrem Wohlwollen immer wieder gute Erfahrungen gemacht. Nach ihren oft klaren Ansagen hätten sich Mieter:innen meist große Mühe gegeben, ihr Leben wieder auf die Reihe zu kriegen. Nur dreimal in ihrem gesamten Berufsleben habe sie eine Räumungsklage durchziehen müssen, und ihre feste Überzeugung ist: „Wenn Vermieter und Mieter häufiger miteinander reden würden, gäbe es viel weniger Probleme.“ Ihre Art hinterlässt Eindruck: Erst neulich habe sich jemand am Telefon gemeldet und sie mit dem Verkauf seiner Wohnung beauftragt. Der Grund: „Sie haben mal meiner Nichte in einer ganz schwierigen Situation geholfen, das haben wir nicht vergessen.“

So ganz mag mag Gabriele Momsen-Seligmann ihr Wohn-Know-how mit Herz aber noch nicht loslassen: Sie geht jetzt noch mal mit einer kleinen Vermietungsagentur an den Start – auch um die eigene Rente aufzubessern. Zudem weil sie spürt, „dass das Klima auf dem Wohnungsmarkt in den letzten Jahren spürbar härter, kälter, unbarmherziger geworden ist“. Auch deshalb ist sie gerne Mitglied im Freundeskreis von Hinz&Kunzt, als eine von 3317 regelmäßig Fördernden.

Artikel aus der Ausgabe:
Ausgabe 381

Von der Straße auf die Bühne

Xenia Brandt war obdachlos – heute ist sie Comedian und verarbeitet so ihre Erfahrungen. Außerdem im Schwerpunkt über obdachlose Frauen: Wie Periodenarmut zu psychischen Problemen führt. Und: Hinz&Künztlerin Annie erzählt über Gewalt und Erniedrigung auf der Straße.

Ausgabe ansehen
Autor:in
Jochen Harberg
Seit über 40 Jahren im Traumberuf schreibender Journalist, arbeitete festangestellt u. a. für Stern und Welt am Sonntag. Seit 2019 mit großer Freude im Team von Hinz&Kunzt.