Hamburg führt eine Bezahlkarte für Geflüchtete ein und betont die Vorteile für alle Beteiligten. Allerdings bedeutet die „SocialCard“ auch weniger Selbstbestimmung – was die Grünen eigentlich verhindern wollten.
Asylsuchende, die in Hamburgs Erstaufnahmeeinrichtungen leben, können künftig nicht mehr so frei über ihr Geld verfügen wie bislang. Sie erhalten ihre 185 Euro für den alltäglichen Bedarf von den Behörden fortan auf eine Bezahlkarte statt als Bargeld oder Überweisung auf ein eigenes Konto. Die „SocialCard“ funktioniert wie eine Kreditkarte ohne Konto und soll laut Sozialbehörde sowohl für die Verwaltung als auch die Asylsuchenden vieles vereinfachen – etwa können sie sich den monatlichen Weg zu den Bezahlstellen der Bezirke sparen. Die Karte bringt jedoch auch einige Einschränkungen mit sich.
So können die Geflüchteten pro Monat nur 50 Euro Bargeld abheben und die Karte nicht für Einkäufe im Internet verwenden. Auch Überweisungen ins Ausland sind nicht möglich – so will der Senat mögliche Zahlungen an „kriminelle Schleppernetzwerke“ verhindern. Erkenntnisse, in welchem Umfang solche Zahlungen bislang vorgekommen sind, kann die zuständige Sozialbehörde auf Nachfrage keine vorlegen.
Die Karte erhalten zunächst alle Asylsuchenden, die ab Donnerstag in Hamburg ankommen und erstmals Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen – also voraussichtlich etwa 30 Menschen pro Tag. Bewährt sie sich nach Ansicht der Behörden, sollen womöglich auch andere Leistungsbesziehende eine erhalten – etwa Geflüchtete, die in einer Wohnunterkunft leben.
Grüne warnten vor Diskriminierung – und unterliegen im Koalitionsstreit
Mit der nun verkündeten Einführung der Bezahlkarte geht auch ein Streit in der rot-grünen Koalition im Rathaus über die Details zu Ende. Während die SPD sich über Hamburgs „bundesweite Vorreiterrolle“ freut, schweigen die Grünen sich zum Ergebnis aus. Zuletzt hatte die Partei vor „diskriminierenden und stigmatisierenden Einschränkungen“ gewarnt. „Es darf einzig darum gehen, mit einer solchen Karte den Alltag der Betroffenen ohne Girokonto zu vereinfachen und den Aufwand für den Staat zu reduzieren“, sagte die sozialpolitische Sprecherin Mareike Engels Anfang Februar. Sie sprach sich zudem für uneingeschränkten Zugang zu Bargeld und die Möglichkeit aus, das Geld auf ein eigenes Konto überwiesen zu bekommen. Diese Möglichkeit ist allerdings mit Einführung der „SocialCard“ nicht vorgesehen, teilte die Sozialbehörde auf Nachfrage von Hinz&Kunzt mit.
Ähnliche Bezahlkarten sind auch in anderen Bundesländern geplant, die sich bei der Konzeption eng abstimmen. Den Vorschlag machte im vergangenen Herbst vor dem Hintergrund der Debatten über Migration erstmals die Union im Bundestag – als Instrument, Deutschland als Zielland unattraktiver zu machen. So bemängelte die Hamburger CDU in dieser Woche denn auch, der Senat betone fälschlicherweise die Vorteile der Karte für Geflüchtete, statt auf ihren Beitrag zur „notwendigen Begrenzung und Steuerung der Migration“ hinzuweisen.