Eine Leiharbeiterin klagt Lohn ein
(aus Hinz&Kunzt 234/August 2012)
55.250
Euro Lohnnachzahlung hat eine Leiharbeiterin vom Berliner Arbeitsgericht zugesprochen bekommen. Die 36-jährige Bürokraft hatte mehr als vier Jahre lang bei einem Unternehmen der Metallindustrie gearbeitet – zum Billiglohn. Ihr Arbeitgeber, eine Leiharbeitsfirma, hatte einen Tarifvertrag mit den „Christlichen Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen“ (CGZP) abgeschlossen. Da diese Vereinigung laut Bundesarbeitsgericht niemals tariffähig war, steht der Frau der Lohn zu, den ihre beim Metallunternehmen angestellten Kolleginnen erhalten haben.
Der Unterschied beträgt mehr als 1000 Euro pro Monat. 1288 Euro verdiente die Leiharbeiterin 2007, 2471 Euro bekamen die Kolleginnen. 2010 bekam die Klägerin 1663 Euro, die festangestellten Sekretärinnen hingegen 2910 Euro. Die beklagte Leiharbeitsfirma hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) haben bundesweit bis zu 3000 Zeitarbeitsfirmen Tarifverträge mit der CGZP abgeschlossen, um Leiharbeiter mit Niedriglöhnen abspeisen zu können.
100.000
Betroffene könnten vors Arbeitgericht ziehen und Lohnnachzahlungen einfordern, schätzen die Gewerkschaften. Doch nur die wenigsten machen es.
50
Leiharbeiter haben in Hamburg mithilfe der Gewerkschaften Klage erhoben. Bundesweit sind es rund 760. Warum nicht mehr Menschen sich das Geld erstreiten, das ihnen zugestanden hätte? Oft gibt es die Leiharbeitsfirma nicht mehr, die den Lohn nachzahlen müsste, so ein Experte des DGB. „Oder die Menschen sind noch beim selben Arbeitgeber beschäftigt und haben Angst um ihren Arbeitsplatz.“
Text: Ulrich Jonas