Die Entscheidung über die umstrittene Gefängnisreform ist auf April verschoben. Strittig ist vor allem der Umzug des Frauengefängnisses Hahnöfersand auf das Gelände der Männervollzugsanstalt Billwerder.
Ob die weiblichen Gefangenen der Vollzugsanstalt Hahnöfersand künftig auf dem Geländer der Männervollzugsanstalt in Billwerder einsitzen, wird nun erst am 10. April final entschieden. Zur geplanten Abstimmung in der Bürgerschaft kam es am Mittwoch nicht. Die Oppositionsparteien verweigerten gemeinschaftlich die notwendige, zweite Lesung der umstrittenen Gefängnisreform.
Im Zentrum der Kritik: Der Plan von Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) den Frauenstrafvollzug in Hahnöfersand zu schließen. Die Frauen sollen stattdessen auf einem Gelände mit Männern im Hochsicherheitsgefängnis Billwerder untergebracht werden. Kostengründe seien dafür ausschlaggebend. Es gibt Leerstände in den Hamburger Gefängnissen. Laut Schiedek könnten durch die Zusammenlegung rund 870.000 Euro Personalkosten gespart werden. Doch: Notwendige Umbauarbeiten in Billwerder werden mit 3 Millionen Euro veranschlagt.
Kurz vor der Bürgerschaftssitzung hatte die Opposition einen gemeinsamen Antrag veröffentlicht. Darin fordert sie, den Umzug nach Billwerder auszusetzen. Im Gegenzug würde die Opposition den Ausbau des Offenen Vollzugs in Glasmoor mittragen. Über diesen Teil solle gesondert abgestimmt werden.
Eine Zusammenlegung sei „der größte justizpolitische Fehler seit der Amtszeit von Kusch“, warnt Grünen-Politiker Farid Müller. Von einer „enormen Verschlechterung der Resozialisierungsbedingungen“ spricht die Linke. Und auch CDU und FDP lehnen die Pläne von Schiedek entschieden ab.
Das Argument, man würde mit der Zusammenlegung Geld sparen, sei nicht mehr haltbar. Die SPD habe im Haushaltsausschuss einräumen müssen, dass Einsparungen auch ohne eine Verlagerung des Frauenstrafvollzuges erreichbar seien, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Mehr noch: „Es kam sogar heraus, dass die Verlagerung des Frauenstrafvollzuges nach Billwerder zu Mehrkosten führt, um die Trennung und den Schutz der Frauen von den Männern zu gewährleisten. Auch vor diesem Hintergrund ist ein Verzicht auf diese umstrittene Maßnahme auch aus finanzieller Sicht sinnvoll.“
In einem offenen Brief hatten sich bereits im vergangenen Jahr Expertinnen gegen die Pläne ausgesprochen, unter anderem die ehemalige Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit, die frühe Leiterin von Hahnöfersand Dr. Hilde van den Boogaart, Diakonie-Chefin und Hinz&Kunzt-Herausgeberin Annegrethe Stoltenberg sowie Hinz&Kunzt-Chefredakteurin Birgit Müller.
Doch die SPD zeigt sich wenig beeindruckt, bezichtigt die Opposition sogar „reiner Effekthascherei“. Die Verlegung sei nach wie vor „gut vertretbar.“ Urs Tabbert, justizpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte: „Insbesondere im Bereich der Qualifizierung und Resozialisierung bietet das Konzept Chancen, die am bisherigen Standort so nicht realisiert werden können.“
Text: Simone Deckner
Foto: bildarchiv-hamburg.de
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