Am Dienstag hat der Bezirk Mitte an der Kersten-Miles-Brücke auf St. Pauli einen Zaun installiert, damit der Bereich für Obdachlose nicht mehr zugänglich ist. Viele Hamburger sind wütend über die handfeste Ausgrenzung.
Viele Hamburger haben Wut im Bauch: Im Bezirk Mitte werde Politik gegen Menschen gemacht. Von Schikane ist die Rede. Von Verschwendung von Steuergeldern und Zynismus. Und sie alle sind sich einig: Es reicht!
Wie berichtet hat Markus Schreiber (SPD), Leiter des Bezirksamts Mitte schon im März 100.000 Euro für die Neugestaltung des Platzes unter der Kersten-Miles-Brücke ausgegeben – inklusive Felsbrocken, die es dort möglichst ungemütlich machen sollen. Jahrzehntelang haben Obdachlose hier ihre Platte gehabt – trocken und vom Wind einigermaßen geschützt. Weil sie sich von den teuren Steinen nicht komplett abhielten ließen, hat Schreiber nun veranlasst, den Platz abzusperren: mit einem fast drei Meter hohen Stahlzaun. Kosten: 18.000 Euro.
Hinz&Kunzt-Leser Marko ist entsetzt: „Das ist eine unglaublich krasse Unmenschlichkeit. Wie kann man bitte einen Zaun dahin bauen, um Menschen fernzuhalten? Und was sollen diese sinnfreien Steine? Das zeigt doch nur, dass die Verantwortlichen überhaupt nichts im Kopf haben. Lasst uns irgendwas tun!! So kann´s nicht angehen! Einfach nur unfassbar!“
„118.000 Euro Steuergeld sind so zu nichts nutze,“ findet Leser Mark. „Außer dass der Zaun noch hässlicher ist, als Menschen dort hausen zu sehen. Was ist das für ein Denken, dieses wertvolle Geld derart zu verschwenden und es nicht für Unterkünfte für Obdachlose einzusetzen?”
Fassungslos äußert sich auch Leserin Petra Poppe: „Ich bin sprachlos. Herr Scholz: beenden Sie diesen Irrsinn! So ein Mitarbeiter muss sofort entlassen werden. Holen Sie die Steuergelder unverzüglich von Herrn Schreiber zurück. Und dann geben Sie das Geld für neue Unterkünfte für die Obdachlosen aus. Ich bin extrem wütend!“
Wir von Hinz&Kunzt sind auch wütend – und gleichzeitig froh über die vielen Kommentare von unseren Lesern und vielen anderen Hamburgern zu unserem Beitrag, bei Facebook und in etlichen Blogs. Einige wollen ihre Empörung auch vor Ort auf St. Pauli zeigen.
Für Freitag, 23. September, ab 20 Uhr rufen Mitglieder des politischen Stammtisches „Zeckensalon“ und andere St. Pauli-Fans zur Demo „Markus Schreiber abschreiben!“
Ort: Südkurvenvorplatz (Budapester Straße, St. Pauli)
Von Samstag, 24. September, 14 Uhr bis Sonntag, 25. September, 12 Uhr bitten Anwohner zur Mahnwache mit Kranz- und Blumenniederlegung als Zeichen der Trauer um „die im Winter 2011/2012 erfrorenen Nächstenliebe“. Man kann sich die ganze Zeit über – auch nachts – der Mahnwache anschließen.
Ort: Kersten-Miles-Brücke
Am Sonntag, 25. September, 14 Uhr hat die Bürgerschaftsfraktion der Partei „Die Linke“ eine Kundgebung mit einer „Kunstaktion gegen Ausgrenzung“ angemeldet.
Ort: Kersten-Miles-Brücke
Hinz&Kunzt plant für das Wochenende keine eigene Veranstaltung, wir schließen uns den bereits in Gang gebrachten Aktionen an.
Text: BEB
Foto: SOL
Die ganze Geschichte nachlesen:
Ganz ehrlich: Es reicht! – Der Bezirk Mitte setzt seine Vertreibungspolitik gegen Obdachlose fort: Erst wurden für 100.000 Euro Steinbrocken einbetoniert, damit unter der Kersten-Miles-Brücke kein Platz zum Hinlegen bleibt. Jetzt folgt ein massiver Zaun, so dass der Zugang zu dem trockenen und windgeschützten Platz unter der Brücke ganz versperrt ist.
Hier lesen Sie auch die Kommentare unserer Leser
Die 100.000-Euro-Platte – Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) ließ unter der Kersten-Miles-Brücke Steine aufstellen, weil ihm die Obdachlosen dort lästig sind. Kosten: rund 100.000 Euro. Doch die Investition erfüllt ihren fragwürdigen Zweck nicht.
„Wir sind doch keine Affen im Zoo!“ – Unter der Kersten-Miles-Brücke am Bismarck-Park wohnt seit Monaten eine Gruppe junger obdachloser Punks. Die Bild-Zeitung machte im März lautstark Stimmung gegen sie und warf ihnen vor, Touristen abzuschrecken und den Park zu vermüllen. Auch der Bezirk Mitte möchte die Punks möglichst schnell von der Straße kriegen. Wir haben die jungen Leute kennengelernt (aus Hinz&Kunzt 207/Mai 2010)