Rahela Abdullah leitet die „Zentrale Anlaufstelle Anerkennung“ (ZAA) im Welcome Center der Stadt Hamburg. Im Gespräch erzählt sie, vor welchen Herausforderungen und Schwierigkeiten Fachkräfte aus dem Ausland in Hamburg regelmäßig stehen.
Hinz&Kunzt: Immer wieder bekommt man zu hören, dass in Deutschland Fachkräfte fehlen. Wir haben mit
Menschen gesprochen, die möchten arbeiten, dürfen aber nicht. Wie lange dauert es beispielsweise, bis
ein ausländischer Arzt in Hamburg arbeiten darf?
Rahela Abdullah: Im Idealfall drei Jahre, zeigt unsere Erfahrung. Weil man als Arzt eine Zulassung braucht, muss man ein langes Verfahren durchlaufen, um die Approbation zu bekommen.
Drei Jahre warten, bis ich arbeiten kann? Das ist eine sehr lange Zeit. Wie überbrücken hochqualifizierte Menschen diese Zeit?
Wenn ich beispielsweise Zahnarzt bin und einen Aufenthaltstitel habe, kann ich während meines Anerkennungsverfahrens als Zahnarzthelfer arbeiten, weil dieser Beruf nicht reglementiert ist. Das wäre eine deutlich tiefere Stufe, aber ich hätte ein Einkommen, könnte meine Sprache auch im medizinischen Bereich verbessern, und ich wäre auf die anstehenden Prüfungen besser vorbereitet.
Aber eigentlich geht es doch darum, Fachkräfte anzuwerben. Sind die Hürden immer so hoch?
Nein. Als Soziologin oder Historiker dürften sie beispielweise einfach arbeiten. Da stellt sich dann aber die Frage, wie ein fremder Hochschulabschluss bewertet werden soll. In meinen Augen liegt das an der Affinität der Deutschen zum Papier: Dass man immer irgendetwas von einer deutschen Instanz haben will, die bestätigt, dass ein fremder Abschluss dem Niveau eines hiesigen Hochschulabschlusses entspricht. Zwar sehe ich die Gesetzgebung sehr positiv, weil nichts willkürlich geschieht. Das Problem ist aber die Umsetzung: Die Ausbildungen und Dokumente der Menschen sind nicht das Komplizierte, auch wenn es sicherlich immer wieder komplizierte Fälle gibt. Was fehlt, sind die Menschen, die die Anerkennungsanträge bearbeiten.
Hängt es also nur am mangelnden Personal? Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass die Mitarbeitenden in den Ämtern auch Englisch sprechen sollten?
Es gibt einige Stellen, in denen auch Englisch gesprochen wird. Und bei aller berechtigten Kritik an Behörden: Es geht hier um Verwaltungsakte, die auf Deutsch erfolgen müssen. Wenn man das ändern will, braucht man Gesetzesänderungen. Aber nicht nur die Bürokratie, auch das Agieren der Wirtschaft ist problematisch: Es gibt zu wenige Arbeitskräfte, trotzdem wird erwartet, dass Bewerberinnen und Bewerber schon alles können, perfekt Deutsch sprechen und am besten auch die Administration und Gepflogenheiten in Deutschland kennen. Man zeigt sich nicht flexibel und offen. Das kann dazu führen, dass sich die Menschen für ein anderes Land entscheiden. Nicht nur hier gibt es einen Fachkräftemangel. Und Deutschland ist zwar ein schönes Land und hat vieles, aber nicht die einfachste Sprache.
Könnten Fachkräfte aus dem Ausland nicht einfach schon in ihrer Heimat die notwendigen Formalien erledigen?
Natürlich. Das Anerkennungsgesetz gewährt diese Möglichkeit. Und wer zum Arbeiten nach Hamburg kommen will, wird schon im Ausland die notwendigen Sprachkompetenzen erwerben und sich um eine Wohnung bemühen. Es gibt aber Menschen – und das sind nicht wenige –, die geflüchtet sind. Und die sind teilweise sehr hochqualifiziert. Wenn sie aus einem „sicheren Land“ kommen und ihr Asylantrag abgelehnt wird, ist es in bestimmten Fällen gar nicht möglich zu arbeiten, weil sie eine Duldung mit Arbeitsverbot erhalten. Wer nichts verdient, kann auch keine Sprachkurse bezahlen. Sie landen dadurch in einer Sackgasse. Hier einen Ausweg zu bieten, wäre Aufgabe der Politik.
Und was sind die Hürden für Menschen, die eine Arbeitserlaubnis haben?
Vor allem die hohen Kosten der Anerkennung: Übersetzung von Unterlagen, Verwaltungsgebühren und Kosten der Kurse und Prüfungen für die Anerkennung. Die Standards in Deutschland sind hoch.
Als Arzt muss man eine Fachsprach- und Kenntnisprüfung ablegen. Die kosten in Hamburg zusammen 1150 Euro.
Wer kein Geld hat, kann Hilfen aus unterschiedlichen Töpfen beantragen. Auch dabei beraten wir. Bis zur Bewilligung der Zuschüsse vergeht aber Zeit, weil auch hier das Personal fehlt. Auch wir als Beratungsstelle sind jetzt schon bis Oktober ausgebucht.