Bei 37 Obdachlosen im Winternotprogramm gab es im November einen Verdacht auf eine Corona-Infektion, mindestens fünf mussten in Quarantäne. Für den Senat sind diese Zahlen „überschaubar“.
In den ersten vier Wochen des Winternotprogramms hat das Coronavirus mehrfach den Betrieb in den Unterkünften beeinflusst. Vom 1. bis 27. November seien 37 Obdachlose in den Einrichtungen in der Friesenstraße, Kollaustraße und an der Schmiedekoppel wegen des Verdachts auf eine Corona-Infektion vorübergehend innerhalb der Unterkünfte isoliert worden, teilte der Senat auf Anfrage der Linksfraktion mit. Mindestens fünf Personen sind anschließend in eine Quarantäneeinrichtung verlegt worden – Zahlen für die Unterkunft in der Friesenstraße gibt der Senat mit Verweis auf den Datenschutz nicht preis. Auch Details zu den Testergebnissen bleiben deswegen unter Verschluss. Das Infektionsgeschehen in den Sammelunterkünften hält die Stadtregierung aber für „nach wie vor überschaubar“.
Getestet werden die Nutzer*innen der Unterkünfte nur bei bestehendem Verdacht auf eine Erkrankung – anders als in den Einrichtungen der Berliner Stadtmission, wo bei anlasslosen Schnelltests pro Tag mindestens eine Infektion entdeckt wird. Immerhin sind für die Mitarbeiter*innen des Winternotprogramms regelmäßige Antigen-Schnelltests vorgesehen. Die Planungen hierfür sind nach den Angaben des Senats aber auch nach sechs Wochen Betrieb noch nicht abgeschlossen.
Der Gießener Virologe Friedemann Weber hatte in der Dezember-Ausgabe von Hinz&Kunzt das Winternotprogramm als „Rezept für ein Desaster“ kritisiert. Bei einer Unterbringung in Großunterkünften mit Mehrbettzimmern tagsüber und der Aufenthalt in Tagesaufenthaltsstätten für bis zu 200 Personen sei ein Corona-Ausbruch „eine Frage der Zeit“, warnte Weber.
Bis zu 237 von 250 Betten belegt
Zum Infektionsschutz setzt die Sozial- und Gesundheitsbehörde von Senatorin Melanie Leonhard (SPD) auf „eine lockere Belegung in Zwei- und Dreibettzimmern“, das Hygienekonzept für die Unterkünfte sieht jedoch auch Vierbettzimmer vor. Schilderungen eines ehemaligen Bewohners, sogar in einem Siebenbettzimmer untergebracht worden zu sein, weist der Betreiber Fördern&Wohnen zurück.
Die tatsächliche Belegung, das zeigen die Zahlen des Senats, ist mitunter hoch: So waren von 400 Plätzen in der Friesenstraße im November bis zu 300 belegt, in der Schmiedekoppel sogar 237 von 250. Die Linksfraktion fordert daher in der kommenden Bürgerschaftssitzung erneut eine Unterbringung der Obdachlosen in Hotels. „Nur mit ausreichend Abstand kann Infektionsschutz eingehalten werden“, sagte die sozialpolitische Sprecherin Stephanie Rose.