Jobcenter :
Deutlich mehr Strafen für Hartz-IV-Empfänger

Im September 2017 verhängten die Jobcenter deutlich mehr Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger verhängt. Foto: Benjamin Laufer

Die Zahl der gegen Hartz-IV-Empfänger verhängten Sanktionen ist stark angestiegen. Wie nun bekannt wurde, sprachen die Jobcenter vergangenen September 91.590 Strafen aus – ein Spitzenwert. 

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Es ist ein Anstieg um 30 Prozent innerhalb eines Monats: Verhängten die Jobcenter in Deutschland im vergangenen August noch 70.266 Sanktionen, waren es im September 91.590. Aktuellere Zahlen liegen bislang nicht vor, doch der September-Wert ist beachtlich: Mehr Strafen innerhalb eines Monats gab es zuletzt vor vier Jahren, als im August 2013 sogar 91.756 Sanktionen verhängt wurden.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) erklärt den starken Anstieg mit saisonalen Schwankungen. Während der Sommerferien würden viele Hilfeempfänger die Möglichkeit nutzen, ihren Wohnort zu verlassen. In dieser Zeit bekämen sie von den Jobcentern keine Terminvorschläge zugeschickt. „Dadurch sinkt auch die Zahl der Sanktionen.“ Mit dem Ende der Ferien steige die Arbeitskräftenachfrage an – und damit auch die Zahl der Vermittlungsvorschläge und der Strafen.

Laut BA-Statistik beruhen drei von vier Sanktionen auf einem sogenannten Meldeversäumnis. „In diesen Fällen haben Kunden ohne wichtigen Grund einen Termin im Jobcenter nicht wahrgenommen“, so die Behörde. Gegenüber August (53.632) stieg die Zahl der aus diesem Grund verhängten Geldkürzungen im September auf 70.920. Weitere Gründe waren vor allem die „Weigerung der Aufnahme oder Fortführung einer Arbeit, Ausbildung oder Maßnahme“ (9738 Fälle) und die „Weigerung der Erfüllung der Pflichten der Eingliederungsvereinbarung“ (7786 Fälle).

Anstieg auch in Hamburg

Auch in Hamburg verhängten die Jobcenter zuletzt häufiger Strafen: Ihre Zahl stieg im September auf 2750 gegenüber 2298 im August. Sanktionen seien aber „kein Schwerpunktthema“, so Behördensprecherin Kirsten Maaß. Nur rund drei Prozent aller Hilfeempfänger seien „von einer Leistungseinschränkung betroffen“. Laut BA liegt die Sanktionsquote auch bundesweit bei diesem Wert und hat sich in den vergangenen Jahren „nur gering verändert“. Ob der massive Anstieg im September insgesamt steigende Zahlen bei den Sanktionen zur Folge hat, ist daher noch ungewiss.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte erneut die komplette Abschaffung der behördlichen Strafmaßnahmen: „Menschen, die ohnehin am Existenzminimum leben, werden dadurch noch weiter in die Not gedrängt“, erklärte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Die Folgen der „Drangsalierung“ reichten „bis hin zur Obdachlosigkeit“.

Bundesverfassungsgericht überprüft Sanktionspraxis

Bald wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob Sanktionen gegen Hilfeempfänger grundsätzlich gegen die Menschenwürde verstoßen und somit verfassungswidrig sind. Anlass ist ein sogenannter Vorlagenbeschluss des Sozialgerichts Gotha, das die Kritik von Erwerbsloseninitiativen und Sozialverbänden für berechtigt hält – und die höchsten deutschen Richter um Prüfung gebeten hat (Az.: 1 BvL 7/16). Wann das Ergebnis vorliegen wird, sei jedoch „noch nicht absehbar“, so das Bundesverfassungsgericht auf Hinz&Kunzt-Nachfrage.

Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.

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