(aus Hinz&Kunzt 141/November 2004)
Die eine bietet dem Fernsehen ebenso Heimat wie ungewöhnlichen Gästen. Die zweite gehört seit 30 Jahren zu den Landungsbrücken. Die dritte ist eine menschliche Oase mitten in der Hektik der Großstadt, die vierte der bescheidene Arbeitsplatz eines Parkwächters. Und die fünfte, die ist ein Geheimnis ohne Fenster. Ein Streifzug durch Hammonias Welt der Buden.
Universum mit sechs Ecken
Die Albrechts herrschen über sieben Quadratmeter Kiosk bei den Landungsbrücken im Schatten der Event-Kneipe Pupasch. „Das haben aber nicht wir, sondern der Staat ausgerechnet“, sagt der wortkarge Herr Albrecht und sieht sich flüchtig um: überall Zeitungen, Zeitschriften, Süßigkeiten, Eis und Zigaretten, innen und außen. Dazu draußen noch ein Ständer mit festgesteckten Zeitungen und einer mit Hamburg-Postkarten, in breit und in lang. Morgens um acht geht’s los, um fünf ist Schluss. „Sommers machen wir natürlich länger, klar.“ Seit 30 Jahren betreibt das Ehepaar den sechseckigen Kiosk, der aus dem Jahr 1911 stammt. Gelernt hat der 68-jährige Reinhold Albrecht was anderes, er winkt mit der Hand ab. Würde er das so lange machen, wenn’s ihm keinen Spaß macht? Sie haben jede Menge Stammkunden: „Büroleute und Schipper – die eben hier so arbeiten im Hafen.“ Und wo ist seine Frau, mit der er sich abwechselt? „Ja, auf die warte ich doch gerade!“, sagt er, rückt die Brille gerade, reckt den Kopf durch das kleine, schmale Fenster und schaut, aus welcher der vier Himmelsrichtungen sie kommen könnte.
Kiosk an den Landungsbrücken, (beim Busparkplatz), geöffnet Mo–Sa, 8–17 Uhr
Frank Keil
Gast im Bademantel
Er trägt einen Bademantel, steht im Imbiss, trinkt Bier und klopft Sprüche: Olli Dittrich, Star der erfolgreichen Fernseh-Comedyreihe „Dittsche“. Gesendet wird live aus der „Eppendorfer Grill-Station“. „Dann ist hier ganz schön was los“, erzählt Pächterin Manuela Polley-Czech, die den Imbiss mit ihrem Mann betreibt. „Das sind 15 Leute, die wir auch mit Essen versorgen.“ Gut, dass die Sendungen wiederholt werden: Dann kann auch das Pächter-Ehepaar seinen prominentesten Gast im Fernsehen verfolgen. Manuela Polley Czech hat den Imbiss samt wöchentlichem Dittsche-Auftritt erst vor kurzem übernommen, im Oktober wurde neu eröffnet. Das Publikum ist gemischt und bestellt bevorzugt Currywurst, Hähnchen und Pommes. Viele kommen natürlich, um den Ort zu besichtigen, an dem Dittsche dem Wirt Ingo (Jon Flemming Olsen) mit seinen Verschwörungstheorien auf die Nerven geht. „Letztens hatten wir vier Fans hier, die zwei Monate nach dem Imbiss gesucht hatten“, sagt Manuela Polley-Czech. „Einer kam sogar im Bademantel.“
Eppendorfer Grill-Station, Eppendorfer Weg 172, geöffnet Mo–Fr 11–21, Sa 11–20 Uhr
„Dittsche – Das wirklich wahre Leben“,
im WDR sonntags um 22.30 Uhr, im NDR ab 14.11. sonntags um 23.15 Uhr
Hanning Voigts
Oase am Planschbecken
Regina Dillenborger ist stolz – zu Recht, wie sie findet. „Ich hab’ klein angefangen, und jetzt hab ich’s geschafft“, sagt die 39-jährige Leiterin des Kiosks und Imbiss im Stadtpark. Lange war die gelernte Bürokauffrau Sozialhilfeempfängerin, hat ihre fünf Kinder groß gezogen und hatte keinen Job. Die „Firma“ – wie sie das Beschäftigungsprojekt Alraune gGmbH nennt – hat ihr dann eine Chance gegeben. Als Küchenhilfe hat sie angefangen, eine Umschulung gemacht, dann die Buchhaltung geschmissen – und jetzt den Kiosk mit Imbiss. Die meisten Gäste sind Eltern mit ihren Kindern. „Und die bringen meistens etwas Zeit mit und sind nicht so gestresst, wenn es mal nicht so schnell geht.“ Drei Mitarbeiterinnen hat sie, alles ehemalige Sozialhilfeempfängerinnen. Eine wird demnächst fest übernommen. Der Wermutstropfen: Die Verträge der beiden anderen laufen aus. „Dabei waren wir ein gutes Team.“
Café am Planschbecken im Stadtpark, Telefon 69 65 84 60, Öffnungszeiten im Herbst und Winter: täglich 10–17 Uhr (je nach Wetter)
Birgit Müller
Warten und kassieren
Betreiber Michael Arndt schiebt heute Abend persönlich Dienst. Sein Gewerbe nennt sich amtlich Parkraumbewirtschaftung, hat seinen Sitz an der Rückseite der Zeisehallen in Ottensen und besteht aus einer festgefahrenen Schotterfläche und einer beheizbaren Bude, an der kein Fahrzeug unbemerkt vorbeikommt. Die Tür steht weit offen, im Inneren ein Stuhl, ein niedriges Regal und das Herzstück: eine Kasse mit blau leuchtenden Digitalziffern. Meist zeigen sie der Reihe nach Drei Komma Fünf Null an – so viel Euro kostet es nach 18 Uhr, sein Fahrzeug für die nächsten Stunden hier zu parken. Im Fenster der Bude hängt ein handschriftlicher Zettel „Brille gefunden!“ und die Aufforderung, den Parkschein gut sichtbar ins Auto zu legen, danke.
Und wie vertreibt sich der „Parkraumbewirtschafter“ die Zeit? Lesen, über den Platz schlendern, nachschauen, ob alles in Ordnung ist. Aufschauen, wenn ein Auto bremst, nach draußen gehen, einen guten Abend wünschen, kassieren, eventuell Wechselgeld holen, noch mal einen guten Abend wünschen, sich wieder hinsetzen. So geht es, bis um Mitternacht Feierabend ist.
Parkplatz an den Zeisehallen, geöffnet Mo–So 8–24 Uhr, Fr und Sa bis 1 Uhr
Frank Keil
Bitte keine Fenster[
Sie hämmern und sägen. Alles aus Holz. Die Wände stehen bereits, und auch der Fußboden ist fertig. Eine Tür soll es geben, aber kein Fenster, damit niemand sieht, was sie in der Bude machen. Seit mehreren Wochen bauen die Zwillinge Lisa und Marie (10) mit Jenny (9) an ihrer Bude auf dem Bauspielplatz am Brunnenhof in St. Pauli Nord. „Hier besprechen wir uns, kleben einen Wochenplan auf, wann wir uns treffen“, sagt Marie. „Das soll geheim sein, nur für uns drei und Lulu. Die ist heute nicht da“, erklärt Jenny. Stühle und einen Tisch wollen sie noch bauen. „Die Stühle werden am Boden festgemacht, damit sie nicht geklaut werden“, sagt Lisa. Kekse, Teelichter und „alles, was nötig ist für einen Haushalt“ werden sie mitbringen, Halloween und Geburtstage wollen sie hier feiern. Eine Bude gehört hier denen, die sie bauen. Doch wenn sie zwei Wochen nicht genutzt wird, können neue Besitzer die Hütte übernehmen und verändern.
Abenteuerspielplatz Am Brunnenhof e.V., Öffnungszeiten Mo–Fr 13–18 Uhr, in den Ferien 11–18 Uhr