Wer arm ist oder keine gute Ausbildung hatte, beteiligt sich seltener an politischen Prozessen. Wie sehr Geld und Bildungsstand politisches Engagement beeinflussen, ist Thema auf der 4. Konferenz zur sozialen Spaltung am 16. Februar. Motto: „Dabei sein ist (nicht) alles!“.
„Es ist schon etwas dran am Klischee vom gut gebildeten Wutbürger. Wenn es um Sozial- und Bildungsthemen geht, trifft man häufig die pensionierte Lehrerin an und wenn es um Infrastruktur geht, den pensionierte Ingenieur“, sagt Frank Düchting. Er ist Studienleiter an der Evangelische Akademie der Nordkirche, die die 4. Konferenz zur Sozialen Spaltung am 16. Februar organisiert. Das Motto: „Dabei sein ist (nicht) alles!“.
Ist politisches Engagement etwas, das sich nur Besserverdiener leisten können? Schließen so genannte Partizipationsprozesse unfreiwillig bestimmte Bevölkerungsgruppen aus? Um solche Fragen geht es auf der Konferenz.
Aber was bedeutet das für die Interessenvertretung der „unsichtbaren Bevölkerungsgruppen“? Darüber soll bei der Konferenz diskutiert werden. Prof. Dr. Winfried Thaa eröffnet die Konferenz mit einer Diskussion über neue, soziale Ungleichheiten und politische Repräsentation. Er leitet an der Uni Trier den Sonderforschungsbereich Fremdheit und Armut. „Heute leben Menschen bis weit in die Mittelschicht hinein prekär, von den Parteien werden sie aber vor allem als individuell verantwortliche Verlierer gesehen“, sagt er. Um in den Medien gut dazustehen, würden sich Parteien zudem oft um poitiv besetzte Themen wie Bildung und Gerechtigkeit kümmern. „Die Nähe zu so genannten Verlierergruppen meiden sie“, sagt Thaa.
Laut einer OECD-Studie von 2012 zählen dazu auch Migranten. Sie sind stärker von Armut bedroht als Inländer, sind häufiger arbeitslos und üben Berufe aus, für die eine geringere Qualifikation nötig ist. Ayse Ates (SPD) hat sich als Integrationsbeauftragte des Bezirksamts Hamburg Nord zum Ziel gesetzt, diese Menschen zu erreichen. „Wir fragen die Migranten: Was wollt ihr?“, so Ates. Es gibt regelmäßige Treffen in den 13 zum Bezirk gehörenden Stadtteilen, einen Runden Tisch Integration, Bildungsangebote und vieles mehr. Wichtig sei vor allem, dass diese Angebote niedrigschwellig sind, sagt Ates. „Es wird bei den Veranstaltungen zum Beispiel nicht nur Deutsch gesprochen, jeder kann kommen.“
In fünf parallel angebotenen Foren geht es darum, wie man sich etwa im Betrieb, bei der Stadtentwicklung und durch direkte Demokratie an der politischen Willensbildung beteiligen kann. Katharina Wesenick von Verdi berichtet, wie es gelang, für eine Kampagne zu Arbeitsbedingungen im Einzelhandel Vertrauensleute aus den Betrieben zu gewinnen und mit ihnen Mitarbeiter zu beteiligen. Dr. Marcus Menzl von der HafenCity Hamburg und Bernt Grabow von einer Bürgerinitiative zur Überdeckelung der Autobahn A7 sprechen über Beispiele für „Engagierte Mitgestaltung und lokales Desinteresse in der Stadtteilentwicklung“. Zum Abschluss treffen sich alle und diskutieren über erfolgreiche Bürgerinitiativen unter dem Motto: „Glück gehabt oder gut gemacht?“
Text: Simone Deckner
Foto: Karl-Heinz Laube/pixelio.de
4. Konferenz zur sozialen Spaltung: Dabei sein ist (nicht) alles! Repräsentation, Partizipation und soziale Spaltung, Sa, 16.2., 10-17.30 Uhr, Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), Berliner Tor 21, Anmeldung bis 12. Februar: hamburg@akademie.nordkirche.de, 15/5 Euro inkl. Verpflegung, Programm und weitere Informationen: www.hamburg-stadtfueralle.de