Strafbefehle gegen Obdachlose :
Empörung über die Bahn, Solidarität für David

Die Strafanzeige der Bahn über 450 Euro gegen den mittellosen David sorgte bei unseren Lesern für eine Welle der Empörung. Foto: Benjamin Laufer.

Die Bahn zeigte den Bettler David an, weil er auf einem ihrer Grundstücke geschlafen hatte. Viele Leser empörte das, sie boten ihm Hilfe an. Ein weiterer Obdachloser muss 450 Euro Strafe zahlen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Dass der obdachlose Bettler David 450 Euro Strafe dafür bezahlen soll, dass er im vergangenen Mai eine Nacht auf einem Grundstück der Bahn geschlafen hatte, hat bei unseren Lesern eine Welle der Empörung ausgelöst.

„Einfach nur beschämend, wenn Leute  gleich Herz und Verstand ausschalten“, schrieb etwa der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, als Reaktion auf unseren Bericht aus der Februar-Ausgabe bei Twitter. Dass die Bahn Strafan­zeige gegen David gestellt hatte, sorgte für viel Unver­ständnis. Der Moderator Tobias Schlegel ­twitterte verdattert: „Ernsthaft????“ Hashtag: #shameonyou.

Es war der volle Ernst der Bahn: Gegen 28 Obdachlose, die in der Nähe der Bahngleise an der Amsinckstraße ein Lager errichtet hatten, erstattete sie nach monatelanger Duldung im vergangenen Jahr Anzeige wegen Haus­friedensbruch. Ein Sprecher bestritt das auf Hinz&Kunzt-Nachfrage zunächst, räumte die Strafanzeigen aber ein, nachdem wir bei der Bundespolizei nachgefragt hatten. Die Obdachlosen seien vorab gewarnt worden, rechtfertigte er das Vorgehen.

Davids Anwältin geht gegen den Strafbefehl vor

Inzwischen hat uns die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, was aus den anderen Verfahren geworden ist: Die meisten wurden eingestellt – viele wegen „Abwesenheit des Beschuldigten“ zunächst vorläufig. In einem Fall musste ein Obdachloser 450 Euro Strafe zahlen, auch hier legte das Gericht einen relativ hohen Tagessatz von 15 Euro fest. Ein weiterer Fall liegt noch beim Amtsgericht Harburg, dort wird es wahrscheinlich zu einem Prozess kommen.

David wird die Strafe nicht selbst bezahlen müssen. Denn unsere Leser waren nicht nur empört über das Vorgehen der Bahn, sie waren auch äußerst hilfsbereit: Zahlreiche Angebote gingen bei uns ein, einen Teil der Strafe oder sie sogar komplett zu übernehmen – Hinz&Kunzt sammelt diese.

Vielleicht wird dies aber gar nicht nötig sein: Davids Rechtsanwältin geht derzeit bei Gericht gegen den Strafbefehl vor.

Autor:in
Benjamin Laufer
Benjamin Laufer
Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD Digitales.

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