Der Kapitän der Cap San Diego geht von Bord. Jens Weber blickt auf 13 abwechslungsreiche Jahre an Bord des Museumsschiffs zurück. Mit allen Höhen und Tiefen.
Neulich hat doch tatsächlich jemand die alte Kapitänsuniform aus der Ausstellung geklaut. Tragen wird der Dieb sie aber kaum können, vermutet Jens Weber. „Die gehörte mal einem sehr dicken Kapitän“, sagte er und lächelt.
Der 60-Jährige hat sich trotzdem über den Dieb geärgert. Es war fast so, als hätte jemand bei ihm privat eingebrochen. „Für Seeleute ist so ein Schiff nicht in erster Linie ein Arbeitsplatz, es ist wie ein Zuhause“, sagt Weber.
13 Jahre lang war die Cap San Diego das Zuhause des Mannes, der mit seinem grauen Vollbart und den blitzenden Augen aussieht wie ein Kapitän aus dem Bilderbuch. Weber heuerte 2005 als Geschäftsführer auf der Cap San Diego an.
„Als ich kam, war sie ziemlich abgerockt“
Zu der Zeit präsentierte sich der einstige „Schwan des Südatlantik“ recht glanzlos: „Als ich kam, war sie ziemlich abgerockt“, erinnert sich Weber. 1961 als Stückgutfrachter gebaut, transportierte das Schiff lose Waren wie Kaffee, aber auch schon mal lebende Kühe auf der Route Hamburg– Südamerika.
1986 sollte es verschrottet werden, doch die Stadt griff ein. Seither liegt die Cap die meiste Zeit im Hafen als Museumsschiff. Webers erste Ausfahrt war dann auch recht kurz. Zwei Schlepper zogen den Frachter zu Blohm+Voss. Mehr als 600 Reparaturen waren nötig, um das Schiff mit dem rot-weißen Bug wieder flottzumachen – und 2,25 Millionen Euro.
Seit 1989 ist die Cap San Diego im Besitz der Stiftung Hamburger Admiralität, aber um die teuren Wartungsarbeiten zu bezahlen, sind Spenden und viele Besucher nötig, die für Umsatz sorgen.
Einmal Kapitän, immer Kapitän – Jens Weber
Der gelernte Diplom-Wirtschaftsingenieur für Seeverkehr tüftelte anfangs mit seiner Frau an einem 10-Punkte-Programm, um die Cap San Diego auf lange Sicht in ruhiges Fahrwasser zu bringen. Sie wollten den Hotelbetrieb und die Gastronomie ausbauen, Events veranstalten, aber vor allem: regelmäßig auslaufen!
„Das ist wirklich immer der spannendste Moment, wenn dieses Schiff in Fahrt geht“, sagt Weber und seine Augen blitzen noch etwas mehr. Heute verlässt die Cap San Diego rund zehn Mal im Jahr ihren Liegeplatz an der Überseebrücke.
Früher ging er oft auf große Fahrt
In den 1970er-Jahren fuhr Weber mehr um die Welt: erst als Ladungsoffizier, dann als Kapitän. „Gerade in den ersten Jahren lernt man, selbstständig zu denken, Entscheidungen zu fällen und dazu zu stehen“, sagt er. 18 Jahre lang war er Abfertigungsleiter im Hafen, später sorgte er als Sicherheitsoffizier dafür, dass Anti-Terror-Maßnahmen eingehalten werden. „Ich war so eine Art Hafen-Sheriff“, sagt er.
Nach den Anschlägen von 9/11 auf das World Trade Center in New York wurden international die Sicherheitsmaßnahmen verschärft, die Häfen regelrecht abgeschottet. „Überzogen“ findet Weber das heute. Schon damals sei er nicht mehr mit dem Herzen dabei gewesen. „Das war nicht meine Welt.“
Seine Welt: Das war die Cap San Diego. Wenn das Schiff ein Mensch wäre, dann wäre sie „eine starke Frau“, sagt Weber. „So ein Schiff ist ja nicht nur aus Stahl. So ein Schiff hat eine Seele“, sagt er. Wer etwa einmal im Indischen Ozean bei hohem Wellengang in Gefahr geraten sei und erlebt habe, wie die gesamte Crew die Ladung und das Schiff sicher in den Hafen gebracht habe, der betrete ein Schiff stets respektvoll.
Unvergessen auch der Tag, als ein Mann an Deck der Cap San Diego eine Wespe verschluckte, die ihn in den Hals stach. „Er war zu allem Überfluss dagegen allergisch, alles schwoll an. Unsere Erste-Hilfe-Kräfte haben ihn intubiert, damit er Luft bekommt“, so Weber. 14 Tage später sei der Mann mit einem riesigen Blumenstrauß vorbeigekommen und habe sich für seine Lebensrettung bedankt.
Tipps für seine Nachfolgerin
Wenn der Kapitän am 14. Februar von Bord geht, wird er es mit einem lachenden und einem weinenden Auge tun. Vor allem seine Crew aus 21 Festangestellten und rund 50 Ehrenamtlichen wird ihm fehlen. „Geh gut mit den Ehrenamtlichen um! Sie sind unser Potenzial“, will er seiner Nachfolgerin Ann-Kathrin Cornelius raten.
Aber er ist ja nicht aus der Welt. „Einmal Kapitän, immer Kapitän“, sagt er. Falls ihn doch die Sehnsucht überfällt, gibt es eine naheliegende Lösung: die Kapitäns-Kabine des Bord-Hotels. Ab 115 Euro pro Nacht kann sich Weber wieder wie zu Hause fühlen.
Infos zu Fahrten, Übernachtungen und Veranstaltungen unter www.capsandiego.de