Niemand weiß, wie viele Menschen in Deutschland keine eigene Wohnung haben. Geschweige denn, wie viele Menschen obdachlos sind. Die Bundesregierung will jetzt zumindest die Lage der Wohnungslosen statistisch erheben.
Das Bundessozialministerium hatte bereits im Juni gegenüber Hinz&Kunzt angekündigt, dass man ein Gesetz für eine Wohnungslosenstatistik „zügig auf den Weg bringen“ wolle. Jetzt hat das Bundeskabinett den entsprechenden Entwurf vorgelegt. Bundesweit existiert bislang lediglich eine Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Sie geht aktuell von etwa 650.000 Menschen ohne Wohnung aus. 48.000 von ihnen sollen obdachlos auf der Straße leben.
Tatsächlich tappen Behörden und Sozialeinrichtungen gerade bei der Zahl der Obdachlosen im Dunkeln. Und Besserung ist nicht in Sicht. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht nur eine Erhebung der Menschen vor, die öffentlich-rechtlich untergebracht werden. Es soll aber immerhin eine Wohnungslosenberichterstattung unter Beteiligung von Wissenschaft und Fachverbänden eingeführt werden.
Die #Bundesregierung will ab 2022 alle wohnungslosen Menschen in Unterkünften statistisch erfassen. Das hat #Berlin längst. Wir gehen noch einen Schritt weiter: Im Januar 2020 werden die Menschen auf Berlins Straßen gezählt. Das ist bundesweit einmalig! https://t.co/Q73VgZc7HE
— SenASGIVA (@SenASGIVA) September 25, 2019
Kritik an den Plänen der Bundesregierung formuliert der rot-rot-grüne Berliner Senat. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Soziales habe man solch eine Erhebung bereits. Man werde daher jetzt einen Schritt weitergehen und am 28. Januar 2020 im Rahmen einer „Nacht der Solidarität“ alle Menschen auf Berlins Straßen zählen.
Gelingt es der Berliner Verwaltung die hochgesteckten Ziele tatsächlich umzusetzen, wäre sie der Bundesregierung weit voraus. Erst zum 31. Januar 2022 soll deren erste Erhebung stattfinden, „damit den auskunftspflichtigen Stellen ausreichend Zeit zur Vorbereitung bleibt“. Anschließend soll die Erhebung Länder und Kommunen dabei unterstützen, Wohnungslosigkeit zu bekämpfen. Bundesweit könnte der gezielte Kampf gegen Obdachlosigkeit somit erst im Jahr 2022 starten.