Hartz IV für EU-Ausländer: : Brüssel fordert gleiche Rechte

Nach Ansicht der Europäischen Kommission darf arbeitslosen EU-Bürgern Hartz-IV nicht verweigert werden. Sollte der Europäische Gerichtshof den Empfehlungen der Kommission folgen, dann könnte alle Zuwandern künftig Sozialleistungen erhalten.

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Gerade einmal 304 Bulgaren und Rumänen sind in Hamburg arbeitslos gemeldet und erhalten Sozialleistungen.

Die Europäische Kommission bemängelt, dass arbeitslose Zuwanderer in Deutschland vom Sozialsystem ausgeschlossen werden. In einer der Süddeutschen Zeitung jetzt vorliegenden Stellungnahme stellt die Kommission eine zentrale Vorschrift im deutschen Sozialgesetzbuch infrage. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die Kommission um eine Stellungnahme zum Ausschluss der Zuwanderer von Sozialleistungen in Deutschland gebeten.

In Deutschland stehen EU-Bürgern nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuchs nur als Arbeitnehmer und Selbständige Sozialleistungen zu. Wer ohne Arbeit nach Deutschland kommt, dem wird hingegen Hartz IV verweigert. Die Frage, ob die Bundesrepublik damit gegen das Gleichbehandlungsgebot für EU-Bürger verstößt, beschäftigt die Gerichte seit Monaten. Die Grundsatzentscheidung des EuGH wird allerdings erst Ende des Jahres erwartet. Sollten die Richter des EuGH den Einschätzungen der Kommission folgen, hätten Zuwanderer künftig Anspruch auf Leistungen nach Sozialgesetzbuch II.

Das Diakonische Werk Hamburg begrüßte die Stellungnahme der Kommission. „Wir teilen die Position, dass EU-Bürger weiterreichende Ansprüche auf SGB-II-Leistungen haben“, sagte der Experte für Existenzsicherung bei der Diakonie in Hamburg, Peter Ogon. Ein Grundsatz der EU-Erweiterung sei, dass die Bürger aller Mitgliedsländer gleich behandelt werden müssten. „Es geht nicht nur um die Einrichtung von Wirtschaftsmärkten und Eurozonen, sondern auch um das friedliche Zusammenleben der Menschen.“

Die Diakonie berät in Hamburg mehrere Zuwanderer aus Osteuropa, die hier Hartz IV beantragen wollen. „In der Regel werden diese Anträge abgelehnt“, sagte Ogon. Dann hätten die Antragsteller die Möglichkeit, sich bei einem Sozialgericht zu beschweren. Demnächst stünden in der Hansestadt erste Entscheidungen dieser Art an.

In Hamburg erlebe er keine gezielte Zuwanderung in die Sozialsysteme, betonte Ogon. Dieser Vorwurf kommt in der aktuellen Debatte insbesondere von der CSU. Ogon widersprach solchen Unterstellungen: „Die Menschen wollen hier arbeiten und kommen nicht, um Sozialleistungen zu beantragen. Das ist ein Nebeneffekt.“

Text: Benjamin Laufer und Jonas Füllner