Auch mehr als drei Jahre nach Räumung des Hauses am Reetwerder in Bergedorf ist ein Ende der Verfahren gegen die Abzock-Vermieterin nicht in Sicht. Nun soll ein Gutachter für mehr Klarheit sorgen.
Bewegung am Reetwerder: Gemeinsam mit den Anwälten von Stadt und Vermieterin hat ein Gutachter am Dienstag das Haus nahe des Bergedorfer Bahnhofs besichtigt. Der Sachverständige soll die ortsübliche Vergleichsmiete und Wohnungsgrößen im Auftrag des Amtsgerichts ermitteln, sagte Tobias Beckmann, Anwalt des Jobcenters. Der Vorwurf des Jobcenters bleibe bestehen: „Ich sehe hier nach wie vor Mietwucher, auch angesichts des Zustands des Hauses.“
Weil Eigentümerin und Vermieterin sich nicht um den Erhalt des Hauses gekümmert hatten, musste die Stadt dieses im Mai 2018 nach einem Schwelbrand räumen lassen. 190 Menschen verloren dabei nicht nur ihre Wohnung, sondern auch den Großteil ihres Hab und Guts. Seit gut einem Jahr wird vor dem Amtsgericht Bergedorf verhandelt. Insgesamt fordert das Jobcenter rund 160.000 Euro von der Vermieterin. Neben der Rückzahlung überhöhter Mieten geht es vor allem um Kosten der Unterbringung für ehemalige Mieter:innen.
Zugang verweigert
Mehr als drei Jahre lagerten die Habseligkeiten in dem verschlossenen Haus, weil die Vermieterin den ehemaligen Bewohner:innen den Zugang verweigerte. Nun machten Anwohnerinnen Hinz&Kunzt darauf aufmerksam, dass Arbeiter Plastiksäcke und Möbel aus dem Haus schaffen und in einem Container entsorgen würden. Die Zwangsverwalterin des Hauses Sandra Bernert bestätigte die Darstellung, versicherte gegenüber Hinz&Kunzt aber, es werde „nur Müll und Sperrmüll“ entsorgt. Wie etwa persönliche Dokumente, die bei den Aufräumarbeiten gefunden werden, zu den ehemaligen Mieter:innen gelangen sollen, ist allerdings unklar – zumal von vielen nicht mal bekannt ist, wo sie heute leben.
Wann in dem Haus wieder Menschen wohnen könnten, ist ebenfalls ungewiss. Nachdem der Anwalt der Vermieterin ein Gutachten angefochten hat, das den Wert der Immobilie ermitteln sollte, warten die Beteiligten nun auf ein Ergänzungsgutachten. Dieses würde „so schnell wie möglich“ erstellt, so eine Gerichtssprecherin. Liegt es vor, könnte die Zwangsversteigerung anberaumt werden.