Die Patriotische Gesellschaft hat die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano und den Unternehmer Michael Otto zu ihren Ehrenmitgliedern ernannt. Damit soll auch ein Zeichen gegen Rechts und den „Missbrauch“ des Patriotismus-Begriffs gesetzt werden.
Esther Bejarano (91) und Michael Otto (73) sind die neuen Ehrenmitglieder der Hamburger Patriotischen Gesellschaft von 1765. Die ersten, die seit 2005 mit dieser Würde ausgezeichnet wurden. Eine Auschwitz-Überlebende, die sich gegen Nazis engagiert, und ein Unternehmer, der sich weltweit für soziale Gerechtigkeit einsetzt, werden damit als „herausragende Patrioten von heute“ gewürdigt.
Damit soll auch ein Zeichen gegen Rechts gesetzt werden, in einer Zeit, in der sich Fremdenfeinde „Patriotische Europäer“ nennen und zu Tausenden auf die Straße gehen. „Wir wollen den Begriff des Patriotismus gegenüber seinem aktuellen Missbrauch von Populisten und Extremisten konsequent behaupten“, sagte Vorsitzende Ingrid Nümann-Seidewinkel zur Eröffnung der Zeremonie in den Räumen der Patriotischen Gesellschaft an der Trostbrücke. Patriotisches Denken und Handeln stehe für Demokratie, Toleranz und Solidarität. Deswegen gehe die Auszeichnung an Bejarano und Otto.
Von Auschwitz über Israel nach Hamburg
Die Jüdin Esther Bejarano erlebte als Kind die Machtergreifung der Nationalsozialisten. Die Nazis ermordeten ihre Eltern und sperrten Esther ins Vernichtungslager Auschwitz, das sie als Mitglied im Häftlingsorchester überlebte. Auf einem der Todesmärsche von KZ-Häftlingen konnte sie fliehen. Nach Kriegsende emigrierte sie zunächst nach Israel. Ihr Engagement gegen Rechts in Hamburg begann sie in den 70er Jahren. Damals war sie bei einer NPD-Kundgebung dabei und sah, wie die Polizei nicht etwa gegen die Rechten, sondern gegen die protestierenden Antifaschisten vorging.
Laudator Jürgen Lüthje, Vorstand der Patriotischen Gesellschaft, geriet bei seiner Rede über Bejaranos bewegtes Leben sichtlich bewegt immer wieder ins Stocken. Seit mehr als 30 Jahren kämpft Esther Bejarano gegen das Vergessen, erzählt als Zeitzeugin ihre Geschichte an Schulen und tritt als Musikerin (auch in Zusammenarbeit mit den Rappern Microphone Mafia) gegen Intoleranz und Faschismus ein. „In unserem Land und in unserer Stadt sind Sie zur authentischen Zeugin und geschichtsbewussten Mahnerin und der Zukunft zugewandten Vermittlerin historischer Erfahrung geworden“, sagte Lüthje.
Bejarano warnt vor Rechtsruck
In ihrer Dankesrede warnte Esther Bejarano eindringlich vor einem Rechtsruck der Gesellschaft. „Wenn ich mir die heutige Situation anschaue, muss ich eigentlich laut aufschreien“, sagte sie. Rechtslastige Parteien und Organisationen sollten verboten werden. Auch erinnerte Bejarano an die vielen von Neonazis ermordeten Toten. „Es geht immer weiter. Darum mache ich diese Arbeit“, erklärte sie ihre Motivation. „Bitte helft mir dabei.“
Über Ehrenmitglied Michael Otto sagte Laudator Lüthje: „Sie haben diese Stadt geprägt wie kaum ein anderer.“ Seinen wirtschaftlichen Erfolg habe der Leiter des Otto-Konzerns in vielfältiger Weise genutzt, sich in Hamburg gemeinnützig zu engagieren. Beispielhaft nannte der Laudator die Förderung der Kinderklinik am UKE, eine Stiftungsprofessur an der Universität und die Mitfinanzierung der Elbphilharmonie. Und Ottos Engagement ist nicht auf Hamburg beschränkt: Seine Stiftung ermögliche den Kindern von 670.000 afrikanischen Baumwollbauern den Schulbesuch, lobte Lüthje: „Humanität, Toleranz, Verantwortung und Engagement sind von ihnen gelebte Werte.“
Text: Benjamin Laufer
Fotos: Karin Desmarowitz