Wir fordern: Hausbesuch statt Räumung

Hinz&Künztler Michael (Name geändert) wohnte drei Jahre lang in einer kleinen Wohnung außerhalb Hamburgs. Solange er Arbeitslosengeld II bekam, überweis das Amt die Miete direkt an den Besitzer der Wohnung. Dann fand Michael über eine Zeitarbeitsfirma eine Anstellung, verdiente 900 Euro netto. Er hätte das Geld für die Miete gehabt, doch Michael ist seit mehr als 25 Jahren spielsüchtig. Als er Schwierigkeiten im Job bekam und es mit der erhofften Festanstellung nicht klappte, hatte er einen heftigen Rückfall.

Legs like Becks

Erinnerungsfotos mal anders: Hinz&Kunzt-Mitarbeiter Jörg war beim Homeless World Cup im Mailand

In diesem Monat traten zum sechsten Mal obdach- und wohnungslose Spieler bei der Weltmeisterschaft im Straßenfußball gegeneinander an. Während beim letzten Turnier 2008 in Melbourne noch Hinz&Künztler Artur fürs deutsche Team kickte, war diesmal kein Spieler aus Hamburg dabei. Hobbyfußballer Jörg aus dem Hinz&Kunzt-Vertrieb ist trotzdem hingeflogen und hat die Spiele verfolgt.

Sein Fazit: „Diesmal war die Stimmung leider nicht so gut wie gewohnt.“ Grund: Der Spielort im parco sempione liegt zwar mitten in Mailand, doch zufällig vorbeikommende Touristen oder Stadtbewohner trauten sich kaum ins Stadion. Schade. Gerade die vielen Zuschauer, das jubelnde Publikum und das Erlebnis angefeurt zu werden, machten für Artur und seine Teamkollegen im vergangenen Jahr das Turnier unvergesslich (wir erzählten seine Geschichte in der Hinz&Kunzt-Januarausgabe 2009.

Jörg setzte die Bitte, Fotos aus Mailand mit nach Hamburg zu bringen auf besondere Weise um. Er konzentrierte sich mit seiner Kamera auf das, was im Fußball wesentlich ist: knallharte Waden.

Erna, der Baum nadelt

Harry Rowohlt liest für uns und was sonst noch am Wochenende los ist

rowohlt_harryWir konnten es ja kaum glauben: Kultautor Harry Rowohlt hat sich bereit erklärt, morgen, am Samstag, 19.9., beim Abschiedsfest des Harbourfront Literaturfestivals zu lesen. Der Erlös des Abends kommt Hinz&Kunzt zugute. Um 21.30 Uhr geht es auf der Cap San Diego los.

Was wir schon vorab verraten dürfen: Die Chancen stehen gut, dass Rowohlt aus „Erna, der Baum nadelt“, einem botanischen Drama am Heiligen Abend, liest!

Anschließend gibt es Livemusik von der Band „8 to the bar“ – die musikalisch von Swing- bis Bluesmusik alles drauf hat und sich bewusst in keine Schublade stecken lässt – wie der Star des Abends, Harry Rowohlt, selbst.

Was sonst noch los ist am Samstag: Pianist Yul Anderson lädt Hinz&Künztler zu seinem Konzert in der Laeiszhalle ein! Mehr darüber…

Die lange Nacht des Grundeinkommens: Hinz&Kunzt-Mitarbeiter sind dabei. Mehr darüber…

Noch eine lange Nacht in Hamburg: Die lange Nacht der Kirchen. Der Hinz&Kunzt-Vertrieb startet eine Aktion, damit Sie Samstag Nacht auch einen Verkäufer des Straßenmagazins vor den Hamburger Gotteshäusern treffen.

Hinz&Kunzt wünscht allen ein schönes Wochenende!!!

Keine Schlafmusik

Der kalifornische Pianist Yul Anderson spielt am Samstag, 19.9. in der Laeiszhalle. Vorher gastiert er als Straßenmusiker in der Innenstadt. Mit einem Mix aus Jazz, Klassik und Soul möchte er Menschen auf der Straße erreichen.

Er liebt die Straße, die Menschen, die von einem Ort zum anderen gehen, die Obdachlosen. Er ist ein Musiker für alle, die auf dem Weg sind. Und er spielt nicht nur in Konzertsälen, sondern genauso gern auf der Straße. „Schließlich hat nicht jeder Geld für eine Eintrittskarte.“

Für Yul Anderson ist Musik die größte Heilerin. „Ich mache keine Schlafmusik“, sagt er, „sondern ich möchte, dass die Menschen beim Hören meiner Musik wirklich zur Ruhe kommen. Nur wenn man wirklich Ruhe hat, kann man über sich nachdenken und in seinem Leben etwas verändern.“

Bis zu seinem Auftritt in der Laeiszhalle spielt er in dieser Woche täglich mit seinem mehr als 100 Jahre alten Klavier aus Dänemark in der Hamburger Innenstadt.

Wir waren dabei und durften den Pianisten filmen:

Eine Karte in der Laeiszhalle kostet 45,20 Euro. Yul Anderson schenkte Hinz&Kunzt 50 Eintrittskarten, die an Leser, sozial Engagierte, an Obdachlose und die Hamburger Tafel verteilt wurden. So ist es auch einigen Hinz&Kunzt-Verkäufern möglich, bei dem Konzert in der Laeiszhalle  dabei zu sein.

Yul Anderson spielt auf der Spitalerstraße noch heute, Donnerstag und morgen Freitag, von 14 bis 17 Uhr und am Samstag 19. September um 19.30 Uhr in der Laeiszhalle.

Sehr geehrter Stadtspaziergänger…

Weil ihnen ein Beitrag in der BILD-Zeitung gar nicht gefallen hat, haben Hinz&Kunzt-Verkäufer einen offenen Brief an den Autor geschrieben.

„Gegen Hinz&Kunzt-Verkäufer habe ich nichts. Im Gegenteil“, schrieb Hauke Brost in seiner Kolumne „Meine Stadt“ am 7. September. Und weiter: „Meistens gebe ich was, ohne eine Zeitung abzunehmen. Aber der eine Verkäufer dort unter den Alsterarkaden belästigte und beschimpfte die Gäste und stand erkennbar unter Drogen. Ich konnte auch kein Namensschild entdecken. Das hat mir nicht gefallen.“

Mit folgendem Brief haben 29 Hinz&Künztler sich an Hauke Brost gewandt:

Bild_BriefSehr geehrter Herr Brost, sehr geehrter Stadtspaziergänger,

Ihr Beitrag in der BILD-Zeitung vom 7.9. zum Thema Hinz&Kunzt hat uns gar nicht gefallen. Da schreiben Sie, dass Sie nichts gegen Hinz&Kunzt-Verkäufer haben, dass Sie ihnen sogar manchmal Geld geben – und dann betonen Sie, „ohne eine Zeitung abzunehmen“. Das ist bestimmt nett gemeint, aber ehrlich gesagt: Wir sind VERKÄUFER. Das heißt, wir wollen, wie ein BILD- oder MOPO-Verkäufer, unsere Zeitung verkaufen.

Das Zweite ist: Sie schreiben über einen betrunkenen Hinz&Kunzt-Verkäufer, der Leute angepöbelt und beschimpft hat. Und noch nicht mal einen Ausweis trug. Das tat richtig weh: Vielleicht war derjenige gar kein richtiger Hinz&Kunzt-Verläufer, wir tragen nämlich Ausweise. Für uns ist schlimm, wenn einer von den 400 Verkäufern Mist baut und das dann an die große Glocke gehängt wird: Wir anderen, die wir uns Mühe geben, uns an die Regeln zu halten und freundlich zu sein, müssen dann darunter leiden. Wir haben einfach Angst, dass es dann heißt: Alle Hinz&Kunzt-Verkäufer sind so – und das stimmt wirklich nicht.“

Verkäuferin Vera ergänzte noch: „Nichts ist schlimmer als wenn Nicht-Kunden sagen ,Ich möchte keine Zeitung, doch ich gebe Ihnen was.‘ Gerade dieses Warten, bis der Nicht-Kunde den für ihn passenden Betrag aus dem Geldbeutel gefischt hat, ist für mich das Allerschlimmste und gibt mir immer den Eindruck, ich wäre nur auf das bißchen Geld aus. So werden Sekunden zu Stunden.“

Wir fordern: Mehr Sozialwohnungen!

Die Hinz&Künztler Sonja Peters und Achim Döring suchen seit Anfang des Jahres 2008 eine Wohnung. Tag für Tag sitzen die beiden über den Tageszeitungen oder am Internet-Rechner von Hinz&Kunzt und wühlen sich durch Wohnungsangebote. „Wir haben seitdem bestimmt fünf Wohnungen pro Woche besichtigt“, sagt Sonja

Aber sie erhalten immer nur Absagen. Anspruchsvoll sind die beiden nicht: „Wir suchen eine Anderthalb- oder Zwei-Zimmer-Wohnung. Wo ist uns mittlerweile egal, aber schon im Stadtgebiet von Hamburg.“ Die Miete der Arbeitslosengeld-II-Empfänger würde das Amt bezahlen. „Es müsste mehr Sozialwohnungen geben“, sagt Achim. „Dann würden sie einen wie mich, mit langen Haaren, auch mal nehmen.“ Sonja und Achim schlafen zurzeit wieder in einer Notunterkunft.

WohnungssucheIn den Hochzeiten des sozialen Wohnungsbaus in den 70er-Jahren gab es in Hamburg 400.000 der preisgünstigen Wohnungen, heute nur noch rund 100.000. Der Trend gilt bundesweit, seitdem Bund, Länder und Städte den Bau von gefördertem Wohnraum zurückfahren. Die Folge: In den Ballungsgebieten ist es für Menschen mit geringem Einkommen oder sozialen Problemen immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Deshalb unsere Forderung: Es muss es mehr bezahlbaren Wohnraum geben und der soziale Wohnungsbau deutlich gefördert werden!

Und das sagen die Hamburger Spitzenkandidaten zu unserer Forderung:

Dirk Fischer, CDU: Aus Kostengründen ist es momentan nicht leistbar, das Auslaufen von Belegbindungen von Sozialwohnungen durch die gleichzeitige Begründung neuer Bindungen im Neubau oder etwa im Rahmen von Modernisierungen aufzufangen. Der Auslauf der Belegbindung einer Sozialwohnung bedeutet aber nicht automatisch eine Änderung der Mietsituation. Oftmals bleibt der günstige Quadratmeterpreis (weit unter dem Durchschnitt des Hamburger Mietspiegels) erhalten.
Die CDU Hamburg setzt nicht nur auf sozialen Wohnungsbau. Ziel muss es sein, ausreichend Wohnraum für die vielen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Hamburg zu schaffen. Dazu zählen Jung und Alt, Familien und Alleinstehende, Haushalte mit geringem und hohem Einkommen. Deswegen unterstützt sie den vom Senat eingeschlagenen Weg eines integrativen Ansatzes. Hierdurch soll eine deutliche Verbesserung der Versorgungssituation von Zielgruppen mit Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt erreicht werden. Hierzu verfolgt die zuständige Behörde zusammen mit externen Partnern den Ansatz, den Kooperationsvertrag mit der Wohnungswirtschaft weiterzuentwickeln, neue, zielgerichtete (Förder-)Instrumente auszugestalten und den Dialog zwischen allen Beteiligten zu intensivieren.

Olaf Scholz, SPD: Wir brauchen mehr Wohnraum, und vor allem bezahlbaren Wohnraum! Das fordert die SPD in Hamburg schon seit langem. Zuletzt im Juli, als der schwarz-grüne Senat seinen Wohnungsbauentwicklungsplan vorgelegt hat. Nochmals wurden darin die Schwächen der Wohnungsbaupolitik der letzten Jahre sehr deutlich. Der Bund hat mit der Föderalismusreform zwar 2006 seine Zuständigkeit abgegeben, dafür aber im Gegenzug bis 2013 seine finanziellen Zuwendungen verdoppelt. Es ist an den Ländern, die Gelder abzurufen. In Hamburg scheinen derzeit lieber Konzertsäle als Wohnungen gebaut zu werden.

Krista Sager, GAL: Der unter grüner Federführung ausgearbeitete Wohnungsbauentwicklungsplan bündelt Maßnahmen zur Steigerung des Wohnungsneubaus in Hamburg. Unsere Meinung, dass hier erhöhte Anstrengungen erforderlich sind, hat sich auch im Senat durchgesetzt. Angestrebt werden 5000 bis 6000 fertiggestellte Wohnungen pro Jahr, wobei ein nennenswerter Anteil davon im geförderten Wohnungsbau erstellt werden soll. Dabei soll die Saga/GWG verstärkt wieder als Bauherr auftreten, die Fördermittel wurden auf 120 Millionen Euro pro Jahr erhöht. Von den Gesellschaften werden zudem Mietpreisbindungen und Belegungsbindungen angekauft für die Menschen, die es am nötigsten haben.

Jan van Aken, Linke: Die Linke möchte mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau stecken. Hierbei ist es wichtig, dass diese Wohnungen sozialverträglich im Stadtgebiet verteilt werden. Außerdem müssen die öffentlichen Wohnungsunternehmen ihre sozialen Aufgaben wahrnehmen. Die Saga/GWG muss jährlich drei Millionen Euro an den Senat abführen. Geld, das für die sozialen Aufgaben fehlt und dazu führt, dass die Saga/GWG gern auch mal die Mieten erhöht, wenn eine Wohnung aus der Mietpreisbindung fällt. Das muss sofort aufhören!

Burkhard Müller-Sönksen, FDP: Insbesondere einkommensschwächere Haushalte benötigen Unterstützung bei der Wohnraumversorgung. Für den sozialen Wohnungsbau sind jedoch seit dem 1. September 2006 die Länder zuständig, denen im Zuge der Föderalismusreform die Zuständigkeit für die Gesetzgebung zur sozialen Wohnraumförderung übertragen wurde. Vom Bund werden hierfür bis 2013 jährlich 518 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Versäumnisse beim sozialen Wohnungsbau sind somit erstrangig bei den Ländern zu suchen, das heißt in Hamburg beim schwarz-grünen Senat. Die FDP unterstützt allerdings lieber Bürger mit erhöhtem Wohngeld als „Metropolaufschlag“ mit der sogenannten Subjektförderung, als dass wir Vermietern beziehungsweise Eigentümern von Sozialwohnungen verbilligtes Baugeld geben, also mit der sogenannten Objektförderung. So vermeidet man später auch die Fehlbelegungsabgabe.

Was die Hamburger Politiker auf unsere anderen Forderungen geantwortet haben, lesen Sie in der aktuellen Hinz&Kunzt. Den Artikel können Sie sich auch auf unserer Homepage herunterladen (hier geht´s zur aktuellen Ausgabe).

Grundeinkommen für alle!

In diesem Monat werben Fachleute und Laien in Hamburg für die radikale Idee

Die Idee erschüttert unsere Gesellschaft in ihren Grundfesten: Jeder bekommt vom Staat Geld, ohne jede Bedingung. Niemand muss mehr Existenzangst haben, keiner sich zu einem Job quälen, den er nicht mag. Aber jeder darf auch viel arbeiten und so Geld dazuverdienen. Sie halten das für Spinnerei?

Dann gehen Sie in der Langen Nacht des Grundeinkommens zum Hachmannplatz und lassen Sie sich vom Gegenteil überzeugen!

24 Stunden lang, von Freitag, den 18.9., 17 Uhr, bis Sonnabend, den 19.9., 17 Uhr, wollen die Mitglieder des Hamburger Netzwerks Grundeinkommen für ihre Vision von einer besseren Welt werben. „Zugleich bietet die Lange Nacht einen Rahmen für spontane Aktionen von Einzelnen und Gruppen“, so das Netzwerk.

Die Nacht ist Teil der internationalen Woche des Grundeinkommens vom 14. bis 20. September.
Weitere Veranstaltungen: „Grundeinkommen“ – ein Filmessay von Daniel Häni und Enno Schmidt, Dienstag, 15.9., 19 Uhr, Patriotische Gesellschaft, Trostbrücke 6.
„Träume aus der Zukunft: Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?“, Mittwoch, 16.9., 19.30 Uhr, „Tonne“ am Veringkanal, Veringhof 9-21.
„Bedingungsloses Grundeinkommen. Gespräche über das Konsumsteuermodell“, Donnerstag, 17.9., 19 Uhr, Geschichtswerkstatt Barmbek, Wiesendamm 25.
„Let’s make money“, Sonntag, 20.9., 13 Uhr, Abaton, Allende Platz. Open-Air-Kino zum Thema Grundeinkommen, Sonntag, 20.9., 20.30 Uhr, Bauwagenplatz Altona, Hospitalstr.

Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. Mehr Infos unter http://grundeinkommen-hamburg.de und www.grundeinkommen.de

Hinz&Kunzt-Verkäufer diskutierten schon 2006 in der Hamburger Börse über das Bedingungslose Grundeinkommen
Hinz&Kunzt-Verkäufer diskutierten schon 2006 in der Hamburger Börse über das Bedingungslose Grundeinkommen

Vor drei Jahren widmete Hinz&Kunzt der Vision einen ganzen Magazin-Schwerpunkt:
Unternehmer Götz W. Werner erklärte darin, warum das Bedingungslose Grundeinkommen Freiheit bedeuten könnte.
Professor Thomas Straubhaar, Chef vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), erläuterte, warum Bürokraten sich kaum für die Idee begeistern dürften.
Und Hinz&Kunzt-Verkäufer und Hamburger erzählten, was sie vom Bedingungslosen Grundeinkommen halten.
Den Hinz&Kunzt-Reader finden Sie als Downlaod auf unserer Homepage.

Dass wir das Thema wieder aufgreifen, ist unserem Verkäufer Torsten Meiners ein besonderes Anliegen:

Hexenhaus am MšnckebergstrasseWAS DER MENSCH BRAUCHT
Ein Kommentar von Hinz&Kunzt-Verkäufer Torsten Meiners

Ein Gespenst geht um in der Welt. Als es noch klein war, nannte man es Finanzkrise. Jetzt ist es groß, und es heißt Weltwirtschaftskrise! Wenn es ausgewachsen ist, ist es kein Gespenst mehr, sondern harte Realität …Das Ende des Kapitalismus!
Die Krise ist eine Chance, ja richtig, doch der Weg aus der Krise führt nur über eine neu gestaltete, sozial orientierte, wirklich demokratische Wirtschaftsordnung.
Ein Modell: 800 Euro für jeden deutschen Staatsbürger plus 400 Euro als Sozialversicherungsgeld.
Voraussetzung für ein erfolgreiches Grundeinkommensmodell ist eine Verfassungs-, eine Steuer- und eine Sozialversicherungsreform.
Der Anfang dieser mindestens zehn Jahre dauernden Umwandlung könnte die Einführung eines Grundeinkommens für Kinder in Höhe von 500 Euro sein. Finanziert durch eine Mehrwertsteuererhöhung für Luxusgüter und einen Solidaritätsbeitrag für Kinderlose ab 30 Jahren in Höhe von 100 Euro.
Der nächste Schritt wäre eine Volksabstimmung über eine Verfassung, in der das Grundeinkommen zum Grundrecht erklärt wird.
Eine Steuerreform, die dem Staat ausreichend Mittel zuführt, um seine sozialen, ökologischen und ökonomischen Aufgaben zu erfüllen, aber gleichzeitig die Wirtschaft nicht zu hoch belastet und den Wettbewerb zulässt, ist der schwierigste und zugleich wichtigste Teil der Systemerneuerung.
Einkünfte aus Arbeitstätigkeit sollten steuerfrei sein! Alle sonstigen Einkünfte könnten mit 33,3 Prozent besteuert werden. Also alle Kapitaleinkünfte, Erbschaften, Verkaufserlöse und Spekulationsgewinne. Wirtschaftsunternehmen sollten nur Gewinne versteuern müssen, aber Verluste steuerlich nicht geltend machen können.
Es gäbe keine Schwarzarbeit mehr, weil weder Steuern noch Sozialabgaben der Arbeit angerechnet werden.
Durch die Veränderung der Arbeitsmarktbedingungen durch die Steuerreform würde es einen enormen Anstieg der Arbeitsmöglichkeiten geben, weil die Arbeitskosten um rund 30 Prozent geringer wären und die Arbeiter netto sogar mehr verdienen würden.
Ein Grundeinkommen verändert die Situation grundlegend. Eine Mindestlohndebatte erledigt sich. Erst jetzt sind Lohnhöhe und Arbeitsbedingungen für beide Seiten gleichberechtigt verhandelbar.
Jede Arbeit muss immer noch den Lohn, neue Investitionen und auch Gewinn für den Unternehmer erwirtschaften, aber es gibt keinen Mangel an Arbeit mehr, weil jeder tatsächlich die Wahl hat, welche
Arbeit er machen will beziehungsweise kann.
Der Anreiz, durch Arbeit Wohlstand für alle und für sich selbst zu erreichen, wird groß genug sein, um die Zahl derer, die sich mit dem Grundeinkommen zufrieden geben, sehr gering zu halten.
Damit uns die Krise nicht zum völligen Neuanfang zwingt, brauchen wir demokratische Verbesserungen, um sie zu überstehen. Das gelingt nur, wenn alle etwas dafür tun.

„Pennergame“ – Gar nicht lustig

Bereits im Dezember 2008 beschäftigten wir uns mit dem „Pennergame“. Das Onlinespiel wirbt mit der Herausforderung: „Steige auf zum König der Penner!“ und dem Angebot: „Jetzt kostenlos obdachlos werden“. Anfang des Jahres berichteten Zeitungen und Fernsehsender übers Pennergame. Die Aufmerksamkeit der Medien ließ nach, nichtsdestotrotz stieg Pennergame nach Angaben der Betreiber zum „größten Onlinespiel Deutschlands auf“.

Jetzt gerät Pennergame wieder in den Fokus: Kürzlich ist die französische Fassung „Clodogame“ erschienen – und hat dort scharfe Kritik hervorgerufen, so unter anderem Spiegel Online (zum Artikel). Wieder berichten die Medien auch in Deutschland. Bisweilen kommt in der Berichterstattung auch Hinz&Kunzt vor. Zuletzt schrieb die Süddeutsche Zeitung („Gar nicht lustig“, 07.09.09): „Die Obdachlosenzeitungen Hinz&Kunzt und Straßenfeger lobten das Spiel und hatten kaum etwas auszusetzen.“

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Das stimmt so nicht! Richtig ist, dass ein Autor von Hinz&Kunzt im vergangenen Jahr mit Verkäufern des Hamburger Straßenmagazins die Macher des Pennergame besuchte und mit ihnen das Spiel diskutierte. Tatsächlich fand Hinz&Künztler Gerrit es positiv, weil man sehen könne, wie schwer es ist, sich auf der Straße hochzuarbeiten. Die Pennergame-Erfinder betonten, ihr Spiel sei reine Simulation und absolut relitätsfern. Mit dem Artikel über das Treffen der Hinz&Kunzt-Verkäufer mit den Spielemachern haben wir aber auch einen Kommentar von Chefredakteurin Birgit Müller abgedruckt, der die Position anderer Obdachloser und Mitarbeiter des Projekts vertritt: Gegen das Pennergame, gegen den gebrauch des Wortes „Penner“ überhaupt und weil das Spiel Vorurteile gegenüber Obdachlosen unterstützt.

Hinz&Kunzt hat das Pennergame nie gelobt. Letzte Sympathien haben die Macher sich dadurch verspielt, dass sie – nach dem Kontakt zu Hinz&Kunzt – trotz besseren Wissens weitergemacht haben und jetzt sogar Slogans wie „Jetzt kostenlos obdachlos werden!“ gebrauchen.

Anfragen an Hinz&Kunzt zum Pennergame nehmen wir gerne entgegen: Telefon 040-32108311 oder per Email an info@hinzundkunzt.de

Hier der Artikel zum Pennergame aus Hinz&Kunzt 190/Dezember 2008 zum Nachlesen – inklusive des Kommentars von Birgit Müller

Hamburg literarisch

Der Countdown auf der Homepage des Harbourfront steht auf Null. Denn heute startet das erste internationale Literaturfestival im Hamburger Hafen!

Bei 85 Veranstaltungen in elf Tagen lesen namhafte Autoren an spannenden Orten in der Hafencity, der Speicherstadt, an den Landungsbrücken und auf der Reeperbahn aus ihren Werken.

Bei so einer Auswahl ist es gar nicht einfach sich für einige Termine zu entscheiden. Unsere Empfehlung: Newcomer kennenlernen und literarische Größen nicht verpassen.

Plakat Harbour FrontBeim Debütantensalon dürfen sich junge Autoren präsentieren: Am 12. und am 19. September auf der Cap San Diego. Lesen Sie hier mehr darüber.

Wir freuen uns besonders, Autoren zu treffen, die sich an unserer Hinz&Kunzt-Literaturausgabe in diesem Sommer beteiligt haben:

Rainer Moritz liest am Freitag, 11.9. aus seinem neuen Roman auf der Cap San Diego in der Salonbar. Der Eintritt ist sogar frei!

Feridun Zaimoglu ist dort drei Tage später, Montag, 14.9. zu Gast. Hinz&Kunzt-Leser kennen ihn spätestens, seit wir für unsere Juniausgabe mit ihm über sein Engagement für Einwanderer-Kids gesprochen haben

In der aktuellen Hinz&Kunzt stellen wir Uwe Timm vor. Der Autor kommt fürs Festival aus München wieder in seine Heimatstadt und liest unter dem Titel „Der Kapitän und die Tante im Hafenviertel“ am Mittwoch, 9.9., in der Kirche St. Katharinen.

Leider bereits ausverkauft: Ein Abend mit Siegfried Lenz.

Karten für das Seeräuberfest mit Kirsten Boie, die das Hinz&Kunzt-Kinderbuch über Obdachlosigkeit geschrieben hat, sind noch zu haben! (Samstag, 19.9.)

Und abends sollten Sie das große Abschiedsfest nicht verpassen. Autoren und Literaturfans feiern auf der Cap San Diego – der Reinerlös geht an Hinz&Kunzt. Zuerst wird Harry Rowohlt mit seinem „Kleinscheiss“ das Publikum auf Touren bringen, dann sorgt die Live-Band „Eight to the bar“ (auf Rowohlts Empfehlung) für Stimmung. Beginn: 21.30 Uhr. Karten für 14 Euro und alle Infos gibt´s hier.

Wir fordern: Tariflohn statt Ein-Euro-Job!

Der ehemalige Hinz&Kunzt-Verkäufer Hermann Zarp hat einen öffentlich geförderten Arbeitsplatz. Bei Mook Wat – einem Hamburger Verein, der sich um Langzeitarbeitslose kümmert – ist der 52-Jährige im Projekt „Belle Ville“ beschäftigt. Die Arbeit im Garten- und Landschaftsbau macht ihm Spaß. 2006 kam Zarp, der „12 bis 14 Jahre“ im Gefängnis und fünf weitere auf der Straße hinter sich hat, als Ein-Euro-Jobber das erste Mal zu Mook Wat. Nach zehn Monaten legte er die vorgeschriebene Zwangspause von sechs Monaten ein – Arbeitslosengeld II-Empfänger werden nach dem Ende einer Arbeitsgelegenheit für ein halbes Jahr gesperrt – und ging dann wieder zu Mook Wat.

Seit Anfang dieses Jahres ist er im Rahmen des Bundesprogramms „Jobperspektive“ für mindestens zwei Jahre eingestellt – Verlängerung wahrscheinlich. Hier bekommt er einen tariflich festgelegten Lohn. „Die Arbeit hat mir auch vorher Spaß gemacht“, sagt Hermann Zarp. „Aber seit ich den Vertrag habe, ist es ein viel besseres Gefühl.“ Ich weiß jetzt, wenn ich mir etwas leiste, dass ich es mir verdient habe.“ Als Hartz-IV-Empfänger war für Zarp am Ende des Gelds meistens noch Monat übrig, jetzt „kann ich mir sogar etwas zurücklegen“.

hermannWer arbeitet, soll davon auch leben können. Bei den Ein-Euro-Jobbern ist das anders: Sie erhalten eine „Aufwandsentschädigung“ zusätzlich zum Arbeitslosengeld II. Das muss nicht so sein. Berechnungen zeigen, dass ein nach Tarif bezahlter, öffentlich geförderter Arbeitsplatz den Staat genauso viel kostet wie eine Arbeitsgelegenheit. Und Hermann Zarps Geschichte zeigt, dass es einen Riesenunterschied macht, ob man eine Arbeitsgelegenheit oder eine feste Arbeit hat. Deswegen fordern wir: Tariflohn statt Ein-Euro-Job!

Und das sagen die Hamburger Spitzenkandidaten zu unserer Forderung:

Dirk Fischer, CDU: Die sogenannten Ein-Euro-Jobs sind eigentlich Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, die bestimmte Langzeitarbeitslose unter „weicheren Umständen“ wieder an die Erwartungen des Arbeitsmarkts gewöhnen sollen. Zielsetzung ist es, sie wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Es handelt sich dabei also um eine Qualifizierungsmaßnahme, die in eine tariflich bezahlte Arbeitsstelle auf dem ersten Arbeitsmarkt führen soll. Deshalb geht der in der Fragestellung formulierte Änderungswunsch am Wesen der bestehenden Regelung vorbei und ist in dieser Form nicht zu unterstützen.

Olaf Scholz, SPD: Es ist mein Ziel, so vielen Menschen wie möglich eine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln, zu einer fairen Bezahlung in Form eines Tariflohns. Ich setze mich auch für die Einführung flächendeckender Mindestlöhne ein. Die staatlich geförderten Arbeitsgelegenheiten sollen eine Chance für diejenigen sein, die lange keine Arbeit mehr hatten und langsam wieder an den normalen Arbeitsmarkt herangeführt werden sollen. Die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, oft Ein-Euro-Jobs genannt, lassen sich nicht mit regulären Stellen vergleichen.

Krista Sager, GAL: Im Rahmen unseres Programms zur Schaffung von einer Million neuer Jobs wollen wir in einem ersten Schritt bis 2013 auf diese Weise 60.000 Stellen im Sozialen Arbeitsmarkt schaffen. Bei Zahlung des Mindestlohns von 7,50 Euro kommen diese öffentlich geförderten Arbeitsplätze den Staat tatsächlich nicht teurer als ein Ein-Euro-Job. Das Ziel, auch Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, geben wir damit nicht auf.

Jan van Aken, Linke: Hartz IV und die Ein-Euro-Jobs müssen weg. Die Linke möchte sie durch Arbeitsplätze ersetzen, die sozialversicherungspflichtig und rechtlich abgesichert sind. Diese Arbeitsplätze dürfen nicht unterhalb eines gesetzlichen Mindestlohns und bestehender Tarifverträge vergütet werden. Und sie müssen freiwillig sein! Wir schlagen ein öffentliches Beschäftigungsprogramm für zwei Millionen neue Arbeitplätze vor.

Burkhard Müller-Sönksen, FDP: „Wer arbeitet, soll davon auch leben können.“ Arbeit muss sich also wieder lohnen. Dies ist seit jeher eine der Kernforderungen der FDP. Die Dauer der Arbeitslosigkeit muss verkürzt und die Vermittlung in Beschäftigung beschleunigt werden. Die FDP hat mehrfach die Auflösung der Bundesagentur für Arbeit in ihrer jetzigen Form und die Neuordnung ihrer Aufgaben gefordert. Wir wollen, dass alle Arbeitslosen in kommunalen Jobcentern betreut und beraten werden, weil die Kommunen besser auf individuelle Probleme und den regionalen Arbeitsmarkt reagieren können. Das FDP-Bürgergeld will Menschen bei Bedürftigkeit unterstützen und gleichzeitig die Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative fördern. Durch die Zusammenfassung und Pauschalisierung von steuerfinanzierten Sozialleistungen und ihrer Verwaltung in einer Behörde werden die Bedürftigen vom Bürgergeld profitieren, nicht die Findigen. Über eine neue Freibetragsregelung und in Verbindung mit unserem Steuerkonzept wird sichergestellt, dass sich die Aufnahme einer Arbeit – auch bei geringer Bezahlung – lohnt. Wer Arbeit nachhaltig verweigert, kann nicht mit der vollen Solidarität der Steuerzahler rechnen. Deshalb hat schon die rot-grüne Bundesregierung bei Arbeitsverweigerung die Kürzung der Sozialleistung ins Gesetz geschrieben.

Was die Hamburger Politiker auf unsere anderen Forderungen geantwortet haben, lesen Sie in der aktuellen Hinz&Kunzt. Den Artikel können Sie sich auch auf unserer Homepage herunterladen (hier geht´s zur aktuellen Ausgabe).