Endlich aufgeräumt!

Wie ein Hamburger sein Leben als Messie hinter sich ließ

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

Bis vor zwei Jahren war der Hamburger Musikverleger Thomas Ritter (37) ein Messie. Er ließ den Abwasch stehen, stapelte Wäsche auf dem Fußboden, ließ das Badezimmer verschimmeln. In seiner Wohnung bewegte er sich durch Gänge, denn er sammelte tausend Dinge und konnte nichts wegwerfen. Zum Beispiel bewahrte er jahrelang einen zerbrochenen Teller auf, weil er meinte, ihn irgendwann für einen Sketch verwenden zu können – den er nie schrieb. Als Ritter eines Tages einen Fernsehbericht über einen Messie sah, erkannte er sich wieder – und entschloss sich, sein Leben zu ändern. Mehr als ein Jahr besuchte er eine Selbsthilfegruppe der „Anonymen Messies“. Doch der „Moment der Heilung“ kam letztlich „aus heiterem Himmel“, sagt der Ex-Messie. Inzwischen hat Ritter aufgeräumt und seine Erfahrungen als Buch herausgebracht. Sein Credo: „Jeder Messie kann sein Dasein ändern.“

Faul zur Weisheit

Ein Historiker wirbt für das Nichtstun

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen, sagt die Bibel. Müßiggang ist aller Laster Anfang, sagt das Sprichwort. Es gibt kein Recht auf Faulheit, sagt Kanzler Gerhard Schröder. Mahnende Worte für ein arbeitsames Volk, dem Müßiggang verdächtig ist.

Fleißig zum Erfolg

Ein Unternehmensberater gibt dem Müßiggang keine Zukunft

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

Es ist Sonntag, ich stehe unter unserem Apfelbaum, als Rainer Willmanns (45) aus Leverkusen anruft. Er ist aus dem Urlaub zurück, und während seine 1400 E-Mails durchlaufen, hört er seinen Anrufbeantworter ab. Ich will ihn als Vorsitzenden des Deutschen Managerverbandes und selbstständigen Unternehmensberater zum Thema Zeit und Muße interviewen. Wir wollen wegen eines Termins im Lauf der Woche telefonieren. Aber es dauert, bis wir uns wieder erreichen. Wir mailen und sprechen uns die Anrufbeantworter voll. Mal erwische ich ihn mitten im Training von Führungskräften, mal auf der Autobahn. Einmal bereite ich selbst gerade hektisch das Abendessen zu. „Ich weiß, es geht um das Thema Müßiggang“, sagt er, wir lachen beide. Am Ende klappt es doch: am Freitagabend, während andere im Kino sitzen oder daheim auf dem Sofa.

Müßiggänger leben länger

Ob Faultier, Biene oder Schwein: Tiere lassen es geruhsam angehen

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

Zuerst lugt ein behaarter Arm aus dem Kasten, der dicht unter der Decke des Geheges hängt. Ein zweiter Arm folgt, dann der Kopf. Bedächtig schält sich das Faultier aus seiner engen Schlafstatt.

Tun Sie etwa nichts?

Auf der Suche nach dem Müßiggang

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

Wer ist ein Müßiggänger, und woran erkennt man ihn? Ist Müßiggang einfach nur Nichtstun? Was machen Menschen, die offensichtlich nichts machen? Wir haben uns auf die Suche gemacht: im türkischen Bad, auf der Straße, im Park.

Zu fünft im Zimmer

Ortstermin: eine Obdachlosen-Unterkunft in Glinde

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

„Die junge Stadt im Grünen“, so wirbt Glinde für sich. Ein Städtchen im Osten Hamburgs, 16.000 Einwohner – und ein paar Menschen, die keine Wohnung haben. 13 von ihnen hat die Stadt in einer Villa einquartiert. Bis zu fünf Bewohner sind in einem Zimmer zusammengewürfelt – obwohl andere Räume leer stehen. Hinz & Kunzt war vor Ort.

Abgerutscht

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

Unvorsichtigerweise hatte Uta sich im Bus auf einen Fensterplatz gesetzt. Sie achtete sonst sehr darauf, diesmal war’s ihr egal gewesen, Hauptsache ein Sitzplatz, sie war hundemüde und ihre Füße taten weh.

Bühne, Business, Humor

Theater für Unternehmen: „Scharlatan“-Schauspieler schulen Hinz & Kunzt-Verkäufer

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

„Junger Mann, hallo, hallo“, ruft Eckhardt im Ballonseidenanzug und hält den Passanten am Arm fest. „Hinz & Kunzt, das Stadtteilmagazin! Ist nicht der ,Stern‘, ist was für Obdachlose!“ „Kenne ich schon“, erwidert der junge Mann und versucht, seinen Weg fortzusetzen. Aber Eckhardt lässt nicht los: „Pass mal auf, das ist die neueste Ausgabe.“ „Die hab’ ich schon.“ „Aber die ist mit CD.“ „Wie CD?“ „Das ist’ ne Zeitung mit CD drin.“ „Ach, hab’ ich schon gehört.“ „Aber haste noch nicht gekauft, kostet nur vier Euro.“ „Ich brauch’ die aber gar nicht.“ „Ist mir doch egal.“ „Bitte …?!“

„Ich verzeihe dem Bankräuber“

Der ungewöhnliche Schritt einer Hinz&Kunzt-Leserin

(aus Hinz&Kunzt 140/Oktober 2004)

Vier Banken überfiel Kevin Anthony M. – niemand kam ihm auf die Schliche. Zwei Jahre später stellte er sich freiwillig der Polizei. Das Landgericht verurteilt ihn zu dreieinhalb Jahren Haft. Die Geschichte des Bankräubers, der seine Tatenbereut, druckten wir in unserer Juli-Ausgabe. Daraufhin meldete sich Juliane K. in der Redaktion. Sie war eine der Kassiererinnen, die M. überfiel.

Elektroschrott und Knackwurst

Industrie, ein paar Wohnungen und ein Imbiss – Beobachtungen auf der Peute

(aus Hinz&Kunzt 139/September 2004)

Sie winkt mit einem Geschirrhandtuch. Durch die offene Hintertür des kleinen Imbisscontainers grüßt Renate die Lastwagenfahrer, die auf der Peute vorbeifahren. „Das macht man hier so, ich wink’ hier keinen ran, das hab’ ich nicht nötig“, erklärt die 54-Jährige, die ihren Nachnamen nicht verraten will.