Ein roter Ferrari, immer untertourig gefahren

Die Schauspielerin Nina Petri: neugierig, kampflustig und viel zu selten im Fernsehen

(aus Hinz&Kunzt 159/Mai 2006)

Eine langweilige klassische Schönheit ist sie nie gewesen, ihr Kapital ist ihre Präsenz. Nina Petri leuchtet. Aber in Deutschland, wo im Fernsehen nur die Quote zählt, wird das nicht geschätzt. Wie zum Beispiel beim Hamburg-„Tatort“, wo sie für die Rolle der Exfrau des Kommissars zwar hoch gelobt, aber einfach rausgeschrieben wurde: „Da kriegt man dann ein Buch, in dem man nicht mehr auftaucht.“ Ein Fan hat sie im Internet als „roten Ferrari, der immer untertourig gefahren wird“, beschrieben: „So fühle ich mich auch.“

Zukunft im Hafen

Der Übersee-Handel boomt – eine Chance für junge Arbeitslose

(aus Hinz&Kunzt 159/Mai 2006)

Rund 100 junge Arbeitslose jährlich stellt der Containerterminal-Betreiber Eurogate in Hamburg ein. Die Vorauswahl der Bewerber und deren Kurz-Ausbildung bezahlt vornehmlich die Agentur für Arbeit. Ein gelungenes Modell, meint Arbeitsminister Franz Müntefering und zeichnete die Unternehmensgruppe kürzlich mit einem Preis aus.

When I’m sixty-four

Der Mythos lebt: Zwar gehen die Beatles aufs Rentenalter zu. Doch auf der Reeperbahn, wo alles anfing, sind sie aktuell wie selten zuvor

(aus Hinz&Kunzt 160/Juni 2006)

Endlich ein Festival! Es war höchste Zeit, findet Organisator Peter Kröger: „Hamburg hat die Beatles nie wirklich gewürdigt.“ Aber jetzt kommt „The Hamburg Sound“ – unter dem Titel wurde die Beat-Musik weltweit bekannt. Drei Tage lang komplett mit Beatles-Musical in den Fliegenden Bauten, Gesprächsrunden mit Zeitzeugen und natürlich jeder Menge Musik. Die Veranstaltung ist Auftakt für die Beatles-Ausstellung im Hamburg-Museum, hier wird auch Krögers Sammlung mit Beatles-Devotionalien ausgestellt. Unter anderem nennt der Musikproduzent einen Teil der Original-Starclub-Bühne sein Eigen. Eine richtig große Sache.

Als ein Senator mal die Treppe herunterfiel

Boris Meyn wurde bekannt mit seinen Hamburg-Krimis. Sie erzählen vom Wandel der Stadt und wer daran verdiente

(aus Hinz&Kunzt 162/August 2006)
Eigentlich wollte Boris Meyn nur mal einen Krimi schreiben. Aber gleich sein erster Hamburg-Roman „Der Tote im Fleet“ schlug so gut ein, dass er eine Fortsetzung schreiben musste. Jetzt, ein paar Jahre und etliche Krimis später, denkt er gar nicht mehr ans Aufhören. Im Gegenteil. Der promovierte Kunst- und Bauhistoriker hat ein ehrgeiziges Projekt: Er will in seinen historischen Romanen die Stadtentwicklung Hamburgs bis in die heutige Zeit erzählen – und die liest sich tatsächlich wie ein Krimi.

Kommt ja gar nicht in die Tüte!

Asli, Tom und Leon testen für Hinz&Kunzt, Abc-Schützen und andere Kids

(aus Hinz&Kunzt 162/August 2006)

Schokolade, Wackelpudding und Kaugummi essen Asli (8), Tom (10) und Leon (8) am liebsten. Mit Süßigkeiten kennen sie sich aus. Für Hinz&Kunzt vergleichen sie zwei Schultüten, eine gefüllt mit Produkten aus fairem Handel, die andere mit herkömmlichen Süßigkeiten und Spielzeug.

Von Piraten und Vampiren

Ludwig von Otting, Geschäftsführer des Thalia Theaters, hat eine Piratengeschichte geschrieben – unter Pseudonym. Das Buch gilt als Geheimtipp in der Kinderbuchszene

(aus Hinz&Kunzt 162/August 2006)

Mit „Der Schrecken der Meere“ hat Kinderbuchautor Ludwig von Otting ein furioses Debüt hingelegt, allerdings unter Pseudonym. Der Geschäftsführer des Thalia Theaters erfand sich unter dem Alias Leuw von Katzenstein ein anderes Aussehen, eine neue Identität. Dabei ist die Lebensgeschichte von Ottings mindestens genauso spannend wie die seines erfundenen skurrilen Autors Katzenstein. Hinz&Kunzt sprach mit beiden, dem realen und dem fiktiven Autor.

„Mit diesem Erfolg hat niemand gerechnet!“

Clean, nur durch kontrollierten Umgang mit der Sucht? Ein Pilotprojekt der Drogenhilfeeinrichtung Palette verläuft erstaunlich erfolgreich.

(aus Hinz&Kunzt 162/August 2006)

Seit Timo mit 20 Jahren das erste Mal Heroin spritzte, baute er sein Leben um Drogen herum auf. Der 41-Jährige lebte jahrelang auf der Straße in der offenen Drogenszene. Oft versuchte er aufzuhören, machte Entgiftungen, bekam die Heroin-Ersatzstoffe Polamidon und Subutex. Nichts funktionierte, immer wieder wurde er rückfällig.

Hartzer Käse

Die Zwischenbilanz der Arbeitsmarktreform fällt verheerend aus. Ein Überblick

(aus Hinz&Kunzt 155/Januar 2006)

Der Behörde fehlt das versprochene Personal. Ursprünglich sollte ein ARGE-Berater für 150 Arbeitslose zuständig sein. Bei unter 25-Jährigen sollte der Betreuungsschlüssel bei 1 zu 75 liegen. Tatsächlich muss sich ein Mitarbeiter um 300 bis 400 Fälle gleichzeitig kümmern.

„Ich sehe was, was du nicht siehst“

Phantasie braucht kein Licht: Wie der blinde Student Jan Twesten (28) Hamburg erlebt

(aus Hinz&Kunzt 144/Februar 2005)

Hamburg. Das ist die geilste Stadt überhaupt. Hier bin ich aufgewachsen, hier will ich bleiben. Doch gesehen habe ich meine Stadt noch nie. Dafür höre ich sie täglich, fühle, rieche und schmecke sie – und das wohl intensiver als viele andere.

Brücke zu den Sternen

Hamburgs Kinder-Hospiz – ein Ort, um in Würde Abschied zu nehmen

(aus Hinz&Kunzt 144/Februar 2005)

In Hamburg gibt es einen Ort, an dem Kinder und Jugendliche, die unheilbar krank sind, in Frieden sterben können: das Kinder-Hospiz Sternenbrücke. Dass dort nicht nur Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung herrschen, habe ich bei einem Besuch selbst erlebt.

Der Verein wurde 1999 gegründet, das Haus 2003 eröffnet. Schwerkranke Kinder, die eine begrenzte Lebenserwartung haben, können dort mit ihren Familien die letzten Tage verbringen oder auch „Urlaub vom Krankenhaus“ machen.

Zu Hause können die Kinder aus medizinischen Gründen meist nicht mehr gepflegt werden, oft gibt es auch noch Geschwister-kinder, die versorgt werden müssen. Und ein Aufenthalt im Krankenhaus ist weder für die Kinder noch für die Angehörigen schön: weiße Wände, Hektik, das Ziel, Leben auch um den Preis der Würde zu erhalten, und das ständige Gefühl, nicht da zu sein, wo das Leben spielt, machen ein würdevolles Sterben und Abschiednehmen fast unmöglich. Allerdings ist gerade das wichtig für die Angehörigen, um irgendwann weitermachen zu können.

Das Kinder-Hospiz ist anders: Schon die Umgebung der alten Villa im Hamburger Westen, die komplett umgebaut und liebevoll eingerichtet ist, strahlt Ruhe aus. Zwischen hohen alten Bäumen in einem Park steht das große, weiße Gebäude. Zum Interview-Termin werden wir nett begrüßt. Am Eingang fallen gleich die Sterne mit Namen auf, die an die Wand gemalt sind. Es sind die Namen der jungen Patienten, die hier schon einmal zu Besuch waren. Die Wände und die Einrichtung sind ganz in warmem Gelb und Blau gehalten. Nichts lässt hier an Krankenhaus denken.

Wir sprechen mit Uwe Sanneck, Trauerbegleiter, Pädagoge und Gründungsmitglied des Fördervereins Sternenbrücke. Alle, die im Hospiz arbeiten, müssen sich vorher in einem Kurs darauf vorbereiten, erklärt Sanneck. Um die Erlebnisse zu verarbeiten und auch um die Angehörigen möglichst gut unterstützen zu können, dürften sie ihre Trauer, ihre Gefühle niemals verstecken oder herunterschlucken. Denn „jede nicht geweinte Träne schlingt sich um das Herz, und irgendwann zerplatzt es“, sagt Sanneck.

Das ist einer der wichtigsten Grundsätze des Kinder-Hospizes: helfen durch Offenheit und Gespräche. Denn, wie Sanneck sagt, der Abschied von einem geliebten Menschen könne nicht erleichtert, er könne nur ermöglicht und „gelebt“ werden. Es soll den Hinterbliebenen gezeigt werden, dass sie die Erinnerung an ihr Kind und an den Tod ihres Kindes nicht loslassen, sondern in ihr weiteres Leben integrieren müssen. Er spricht vom „Brücken bauen“, Brücken zu Abschied, Trauer oder tiefer Verzweiflung. Man merkt, dass er nicht nur davon spricht, sondern es tut, hier in der Sternenbrücke.

Im Hospiz sollen die Patienten, hier die Kinder und Jugendlichen, in Würde sterben. Für Uwe Sanneck bedeutet Würde: „bewusst“ sterben, sich nicht vor dem Tod verstecken. Die Patienten sollen möglichst schmerzfrei sterben, und man tut alles dafür, dass die Sterbenden über das, was für sie wichtig ist, bestimmen können und Dinge und Menschen um sich haben, die ihnen lieb sind.

Beim Rundgang durch das Gebäude ist es schon dunkel und das ganze Haus still. Die Zimmer der Kinder sind um einen großen Innenhof angeordnet, der von großen bunten Leuchtkugeln erhellt ist. So entsteht eine Atmosphäre der Zusammengehörigkeit und Ruhe.

Eines der Zimmer gehört David Rudolph. Er ist zehn und leidet an einer Stoffwechselkrankheit. Er kann nicht mehr sehen und nicht mehr sprechen, doch er nimmt seine Umgebung über Geräusche, Gerüche und Berührungen trotzdem genau wahr. Seine Mutter wohnt nicht mit im Kinder-Hospiz, da sie hochschwan-ger ist. Prinzipiell gibt es aber auch Platz für die Familien der jungen Patienten.

Für Eltern ist es der größte Albtraum, gesagt zu bekommen, dass ihr Kind in absehbarer Zeit sterben wird. Solch eine Nachricht zerrüttet die ganze Familienstruktur. Und die Fragen nach dem „Warum“ kann keiner beantworten. Die Menschen reagieren schockiert, hilflos und meist auch wütend auf Gott oder das Schicksal.

Auch für Angehörige, Bekannte und Freunde ist die Situation nicht leicht. Wie soll man mit jemandem umgehen, der weiß, dass er nicht mehr die Möglichkeit hat, sein Leben nach seiner Vorstellung zu gestalten? Doch der Tod eines Kindes, so Sanneck, sei immer auch eine Botschaft. Das Leben der Angehörigen bekommt eine ganz neue Bedeutung, die Wertvorstellungen ändern sich. Auf einmal ist es nicht mehr so wichtig, materiellen Reichtum zu besitzen. Es wird wichtiger, sein Leben zu genießen und sich seines Wertes bewusst zu sein.

Lea Frehse