Die Zahlen der Obdachlosenzählung sind schon länger bekannt – nun hat die Sozialbehörde die Ergebnisse einer Fachtagung von Experten aus der Wohnungslosenhilfe veröffentlicht. Armutsforscher Harald Ansen sagt, was die Stadt nun tun muss.
Man wolle „Transparenz zeigen“, sagte Frank Burmester, Abteilungsleiter Wohnungslosenhilfe bei der Sozialbehörde (BASFI). Darum lud die Behörde am Mittwoch alle interessierten Hamburger in die Friesenstraße ein. Hier, an einem der Standorte des Winternotprogramms, informierte sie über den aktuellen Stand in der Obdachlosen- und Wohnungslosenhilfe.
Bei der Veranstaltung wurden die Ergebnisse einer Fachtagung vom Mai dokumentiert. 120 Experten aus der Wohnungslosenhilfe berieten darüber, welche Schlüsse aus den Ergebnissen der Zählung (Hinz&Kunzt berichtete) zu ziehen seien. Die Vorschläge der Fachleute liegen nun vor – sie reichen von einem Ruf nach mehr Straßensozialarbeitern, mehr Verantwortung der Saga bei der Versorgung von Wohnungsnotfällen bis hin zu der Forderung, das Winternotprogramm nicht für zugewanderte Obdachlose einzuschränken (Dokumentation der Tagung hier).
Armutsforscher: „Rückfahrkarte keine Lösung“
Das ist einer der wichtigsten Punkte, sagt Armutsforscher Harald Ansen: „Insbesondere der Verelendung von Menschen aus südosteuropäischen Staaten sollte nicht zugesehen werden“, so Ansen, der an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften lehrt. Erforderlich sei eine „menschenwürdige Basisversorgung“ der Schutzsuchenden. Ausdrücklich nicht dazu zählt Ansen das Angebot einer Rückfahrkarte in ihr Heimatland – so wie es die Sozialbehörde favorisiert.
Ansen forderte eine Wohnungsnotfallstatistik für Hamburg – nach nordrhein-westfälischem Vorbild. „Hamburg sollte nicht warten, bis der Bund das vielleicht irgendwann auf die Beine stellt“, so Ansen. Die Bundesregierung hatte nach jahrelangem Widerstand erst Anfang Juni eine solche Statistik in Aussicht gestellt – frühestens jedoch ab 2021. Mit einer eigenen, regelmäßigen Erfassung könnte man schneller auf Veränderungen reagieren, sagte Ansen.
Einzelzimmer als Standard
Der Armutsforscher forderte zudem, dass die Standards der Unterbringung für Wohnungslose „deutlich verbessert werden müssen“. Ansen: „Einzelzimmer sollten die Regel sein.“ Die Bewohner müssten sich zudem ganztägig in den Einrichtungen aufhalten können.
Schließlich müsste auch bei der Vorbeugung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit nachjustiert werden. Ansen wüsste auch schon, wie: Man müsse die aufsuchende Arbeit stärken, sprich: den persönlichen Kontakt zu von Wohnungsverlust bedrohten Menschen frühzeitiger suchen.
Bis die gesammelten Verbesserungsvorschläge von der Sozialbehörde in so genannte Handlungsempfehlungen umgesetzt werden, ist jedoch noch Geduld nötig. Erst nach der Sommerpause im August werde man sich erneut zusammen setzen, hieß es aus der Behörde.