Bürgerschaft und Bundestag machen Sommerpause. Die großen Ferien haben begonnen. Die Sonne scheint und es ist heiß. Da denkt man doch an alles, aber nicht an Arbeit – könnte man meinen. Denn das Gegenteil ist der Fall. Denn in dieser Woche drehten sich einige Meldungen darum.
In Hamburg machten die umstrittenen sogenannten „Null-Euro-Jobs“ Furore. Das Hamburger Jobcenter plant nämlich eine neue Maßnahme für 500 Langzeitarbeitslose. Das Konzept zur „beruflichen Eingliederung“ erinnert an die als Ein-Euro-Jobs bekannten Arbeitsgelegenheiten. Jedoch soll es im neuen Programm keine Aufwandsentschädigung für die Teilnehmer geben. Kritiker sprechen deshalb schon vor dem Start von „Null-Euro-Jobs“. Die Hälfte der neunmonatigen Maßnahme, die von Beschäftigungsträgern durchgeführt werden, soll aus einem „Bildungsteil“ bestehen. Wie der aussehen wird, kann das Jobcenter noch nicht sagen: „Das Ergebnis der Ausschreibung bleibt abzuwarten.“ Denkbar seien „Tätigkeiten im Bereich Holz, Verkauf, Garten oder Küche“. Wenn Arbeitslose die Teilnahme an der Maßnahme ablehnen, kann ihnen die Hilfe gekürzt werden. Theoretisch kann das Jobcenter Arbeitslose immer wieder in solche Maßnahmen stecken. Arbeitsloseninitiativen und Träger kritisieren die Pläne. Klaus Wicher, Hamburger Vorsitzender des Sozialverbands Deutschland, sagte, so würden Arbeitslose „erfahren müssen, dass Arbeit nichts wert ist“. Tim Golke von der Hamburger Fraktion Die Linke sagte, die Planungen liefen „auf schlichte Zwangsarbeit hinaus“.
Ob solche Maßnahmen helfen, Langzeitarbeitslosen zu einer neuen Stelle zu verhelfen? Dass es viele unterschiedliche Hindernisse für sie gibt, zeigt die Broschüre „Die Arbeitsmarktsituation von langzeitarbeitslosen Menschen“, die die Bundesagentur für Arbeit herausgebracht hat. Darin sind Zahlen und Fakten zusammengefasst, etwa dazu, für wen das Risiko, langzeitarbeitslos zu sein sehr hoch ist (über 55-Jährige) oder wer es besonders schwer hat, eine festen Job zu finden (Menschen ohne Berufsabschluss). Da steht auch, dass fast ein Drittel der Langzeitarbeitslosen in irgendwelchen Maßnahmen zur „beruflichen Wiedereingliederung“ oder „Aktivierung“ steckt. In Hamburg liegt der Anteil Langzeitarbeitsloser, also der Menschen, die ein Jahr und länger ohne Job sind, an allen Arbeitslosen mit 31 Prozent übrigens unter dem Bundesdurchschnitt (36 Prozent). Mit überraschenden Erkenntnissen wartet die Broschüre nicht auf, bietet aber eine gute Diskussionsgrundlage für all die Diskussionen rund um Arbeitslosigkeit und die Bemühungen von Bund, Ländern und Gemeinden, dem zu begegnen.
Eigentlich sind sich alle einig, kommen aber dennoch nicht so recht auf einen Nenner: Wer arbeitet, soll auch davon leben können. Das ist die Idee hinter der Einführung des allgemeinen Mindestlohns, den der Bundestag nun schließlich, letztlich, endlich beschlossen hat. Ab 2015 sollen Arbeitnehmer mindestens 8,50 Euro brutto die Stunde verdienen. Allerdings beschlossen Union und SPD Ausnahmen, etwa für unter 18-Jährige. Langzeitarbeitslose haben in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung keinen Anspruch auf den Mindestlohn, Praktikanten müssen die ersten drei Monate darauf verzichten. In letzter Minute verständigten sich Union und SPD auf weitere Sonderregeln: Zeitungszusteller sollen erst ab 2017 vom Mindestlohn profitieren, bei Erntehelfern dürfen Kost und Logis verrechnet werden.
Die Sonderregelungen legen nahe: Da bietet sich Arbeitgebern doch die ein oder andere Möglichkeit, unter den 8,50 Euro pro Stunde zu zahlen. Umso wichtiger ist es, zu wissen: Wer bekommt wie viel für welche Arbeit? Die Initiative Gastro-Lohn Hamburg will das im Speziellen von Angestellten in Kneipen und Restaurants wissen. Per Umfrage im Internet versucht sie, möglichst viele Angaben dazu zu sammeln. Dabei soll ein Lohnspiegel herauskommen, der im Herbst veröffentlicht wird und bei künftigen Gehaltsverhandlungen helfen soll. Außerdem, so die Initiatoren, sollen „Kunden bewusst entscheiden können, wo sie am liebsten ihren Kaffee oder ihr Bier trinken wollen.“ Wir finden: Mitmachen, liebe Mitarbeiter aus der Hamburger Gastrobranche – auch wenn oder vielleicht gerade weil jetzt Urlaubszeit ist.
Text: Beatrice Blank
Foto: Paul-Georg Meister/pixelio.de