Winternotprogramm :
Ähnlich viele Obdachlose wie im Vorjahr

Mehr als 200 Obdachlose standen bereits am 1. November 2016 Schlange vor dem Eingang zum Winternotprogramm in der Münzstraße. Foto: Dmitrij Leltschuk

Trotz verschärfter Kontrolle nutzen ähnlich viele Obdachlose wie im Vorjahr das Winternotprogramm der Stadt. Anfang der Woche kamen wie im Vorjahr knapp 750 Menschen in den beiden Notunterkünften der Stadt unter.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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70 der insgesamt 810 Betten in den beiden Notunterkünften des städtischen Winternotprogramms waren am 15. Januar noch frei. Die Belegungszahlen ähneln denen aus dem Vorjahr. Damals kamen zum gleichen Zeitraum zwischen 700 und 800 Menschen im Winternotprogramm unter. Kein klarer Trend, sondern eine normale Schwankung. Insgesamt stehen derzeit 810 Betten bereit. Im vergangenen Winter stieg die Nachfrage ab Mitte Januar und das Angebot wurde auf 900 Plätze aufgestockt.

Dass nicht alle belegt sind, hängt auch damit zusammen, dass etwa 170 meist osteuropäische Obdachlose die Rückreise in ihr Heimatland antraten. Der Unterkunftsbetreiber fördern&wohnen (f&w) hatte seit Anfang Dezember Obdachlose aus den Notunterkünften gedrängt, die in ihrer Heimat noch eine Wohnung haben.

Verstärkte Kontrollen
Was ist los im Winternotprogramm?
Im Winternotprogramm geraten Bettler aus Rumänien zunehmend unter Druck. Die Stadt drängt sie dazu, in ihr Heimatland zurück zu reisen. Viele wissen nicht, was sie tun sollen.

Sie gelten als „freiwillig obdachlos“ und hätten die Nächte nur noch in einer kleinen, Kältestube unweit der S-Bahnstation Landwehr verbringen dürfen. Dort gibt es Stühle statt Betten, auf denen die Obdachlosen die Nacht verharren dürfen. Das neue Angebot wird von den Obdachlosen bislang kaum angenommen. Nach Angaben von f&w haben dort zu keinem Zeitpunkt mehr als 20 Obdachlose genächtigt.

Bustickets ins Heimatland

Die Zielsetzung der Sozialbehörde ist klar: Osteuropäer, die in der Heimat eine Wohnung haben, gelten als „freiwillig obdachlos“. Sie erhalten ein von der Behörde finanziertes Ticket für eine Busreise in die Heimat.

Sozialarbeiter Johan Graßhoff
Wer bitte ist freiwillig obdachlos?
Die Sozialbehörde führt eine Zweiklassengesellschaft im Winternotprogramm für Obdachlose ein. Straßensozialarbeiter Johan Graßhoff beobachtet die Entwicklung mit Sorgen. Im Interview spricht er über Erfahrungen mit Bettlern aus Rumänien.

Mehr als 650 sogenannte Beratungsgespräche wurden deswegen bereits mit Obdachlosen geführt, denen man verdeutlichte, dass sie keine Chancen in Hamburg haben und daher die Rückreise antreten sollen. Ob aber tatsächlich mehr Osteuropäer die Rückreise antreten, ist unklar. Bislang ähneln die Zahlen denen aus dem Vorjahr: Nutzten im vergangenen Winter insgesamt etwa 350 Menschen ein solches Rückreiseticket, sind es jetzt, zur Halbzeit des Winternotprogramms, etwas mehr als 170 Obdachlose.

31 Beratungsgespräche mit „anspruchsberechtigten“ Obdachlose

Zugleich will die Sozialbehörde die Hilfsangebote für Obdachlose mit einem Rechtsanspruch in diesem Winter ausbauen. Im vergangenen Winter konnten 135 Obdachlose fest in Wohnraum oder Wohnunterkünfte aus dem Winternotprogramm vermittelt werden. Bislang wurden dieses Mal 31 anspruchsberechtigte Obdachlose beraten. Welche Hilfsangebote den Betroffenen unterbreitet wurden, ist noch nicht bekannt. Die Behörde wird erst im April eine Gesamtbilanz veröffentlichen. Noch ist viel zu tun, denn Senatorin Melanie Leonhard versprach im Oktober gegenüber Hinz&Kunzt: „Jeder der will und einen Anspruch hat, wird so beraten, dass man für ihn eine Perspektive entwickelt.“

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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