Im Internet-Portal Leerstandsmelder können seit Dezember alle Hamburger leer stehende Häuser eintragen. Mitinitiator Michael Ziehl wünscht sich vor allem, dass die Gebäude wieder genutzt werden.
(aus Hinz&Kunzt 217/März 2011)
Hinz&Kunzt: Was will der Leerstandsmelder erreichen?
Michael Ziehl: Es geht darum, Transparenz über die Leerstandssituation in der Stadt herzustellen. Ein weiteres Ziel ist es, die Debatte über Leerstände anzuregen und sich an die Verantwortlichen zu wenden: an die Eigentümer, aber auch an die Politik. Leerstand ist überall dort sozial ungerecht, wo es – wie in Hamburg – eine Nachfrage gibt, das Angebot aber nicht zugänglich gemacht wird.
H&K: Wie erfolgreich ist das Projekt?
Ziehl: Wir sind der Meinung, dass es super funktioniert. Das ist vor allem das Verdienst der 300 Nutzer, die mittlerweile über 300 Leerstände eingetragen haben. Das ist zwar nur ein Bruchteil der Leerstände, die es in Hamburg gibt, aber immerhin hat man jetzt schon mal ein ungefähres Abbild, wie die Situation aussieht. Und wir stellen fest, dass es eine sehr hohe Qualität hat, was dort eingestellt wird.
H&K: Was sind denn die Ursachen für den Leerstand in Hamburg?
Ziehl: Einmal Profitinteresse der Eigentümer, vor allem im Wohnbereich und in der Innenstadt. Und dann mangelnde Kontrolle der städtischen Immobilien-Verwaltungen, die viele Bauten über Jahre leer stehen lassen. Ein weiterer Grund ist, dass es einen Systemfehler gibt: Es lohnt sich oftmals, Leerstände als Abschreibungsobjekte herumstehen zu lassen.
H&K: Was kann die Stadt gegen Leerstände tun?
Ziehl: Leerstandsbesteuerung ist auf jeden Fall eine gute Idee. Und dann muss die Frage gestellt werden, ob es nicht ein schlaues Vorbild ist, dass zum Beispiel in England Hausbesetzungen legal sind. In London, wo Wohnungen wahnsinnig teuer sind, ist es total üblich, dass Studenten in besetzten Häusern leben. Auch in Zürich werden Hausbesetzungen geduldet, bis der Eigentümer glaubhaft machen kann, dass er in Kürze mit Umbaumaßnahmen beginnt. Leerstand bedeutet nicht nur verschwendetes gesellschaftliches Potenzial, er führt auch dazu, dass Gebäude schneller verfallen, weil sie nicht mehr beheizt und belüftet werden. Ob nun Besetzungen oder Zwischennutzungen: Auf jeden Fall ist alles sinnvoller, als die Häuser leer stehen zu lassen.
Interview: Hanning Voigts