Das Recht auf gute Ware

Schöne Sachen für wenig Euro: Im Sozialkaufhaus WarenGut finden Menschen mit schmalem Geldbeutel günstige Secondhand-Kleidung, Hausrat und Möbel.

(aus Hinz&Kunzt 214/Dezember 2010)

Ein Königreich für eine Prinzessin! Hinten in der Ecke steht es, ein Mädchentraum aus rosa Plastik, Blickfang zwischen Kuscheltieren und Brettspielen: ein Disneyschloss mit allem Drum und Dran. „Das ist bestimmt bald weg“, sagt Betriebswirt Cornelius Schröder. „Kindersachen laufen bei uns gerade besonders gut.“
warengut„Bei uns“ heißt bei WarenGut – auf den ersten Blick ein ganz normales, neues Kaufhaus in Altona. Neben Spielsachen gibt es Herren-, Damen- und Kindermode, außerdem Bücher, CDs, Hausrat und Möbel. Kunden, die zufällig vorbeischauen, bemerken zunächst kaum, dass die angebotene Ware überwiegend aus Spenden besteht und meist secondhand ist. Was dafür auffällt, sind die Preise: Jeans und Pullis kosten zwischen einem und fünf Euro, Mäntel auch mal einen Euro mehr. Bei den Möbeln sei es Verhandlungssache, erzählt Cornelius Schröder: „Wenn einem Kunden das nötige Geld für seine Traumvitrine fehlt, dann bekommt er sie eben günstiger – an zehn Euro soll sein Glück nicht scheitern.“
Wie wichtig dieses Prinzip für seine Kundschaft ist, weiß der 54-Jährige genau. Schließlich dürfen bei WarenGut, dem Sozialkaufhaus vom Grone Netzwerk Hamburg, nur Menschen einkaufen, die Transferleistungen beziehen, sei es Arbeitslosengeld, Hartz IV oder BaföG. „Wir wollen diesen Menschen bewusst etwas Gutes tun“, erklärt Cornelius Schröder. Gleichzeitig tut er als Anleiter bei WarenGut auch den rund 30 Mitarbeitern etwas Gutes: Die meisten von ihnen sind schon lange arbeitslos und sollen hier in zehn Monaten wieder fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden.
Wichtigste Grundregel: Die Kunden sollen sich wohlfühlen, sich respektiert fühlen. Deshalb achten die Mitarbeiter bei WarenGut auch auf ein schönes Ambiente: Helle, loftartige Räumlichkeiten mit gemütlicher Aufenthaltsecke, übersichtlich sortierte Kleidung statt Grabbeltisch, dazu eine
eigens geschneiderte Kindermodenkollektion, die den Namen „Grönlein“. Ein Mal im Monat wird „gekippt“, das heißt, es kommt ein komplett neues Sortiment an Kleidern und Büchern rein. „So bieten wir auch unseren Stammkunden immer wieder Neues“, erklärt Cornelius Schröder.
Alle Kleiderspenden, genau wie „Kollege Teddy“, werden vor dem Wiederverkauf gewaschen. In einer eigenen Schneiderei bessern Mitarbeiter außerdem bei Bedarf
T-Shirts aus oder kürzen Hosen, wenn die neue Jeans einen Zentimeter zu lang ist. „Quasi das Rundum-Sorglos-Paket“, sagt Cornelius Schröder und lacht. Dann wird er ernst: „Unsere Kunden haben schließlich ein Recht auf vernünftige Ware, wir sind kein besserer Sperrmüll.“ Deshalb prüft ein Mitarbeiter auch immer die Qualität von Möbelstücken, bevor diese als Spende angenommen werden.
Auf der anderen Seite sind viele Hamburger froh, mit WarenGut eine neue Adresse für nicht mehr benötigte Kleidung und Co. gefunden zu haben. „Hier fühlen sich meine Sachen wohl“, sagten viele, so Cornelius Schröder. Bequem für die Spender: Möbelschleppen entfällt, Mitarbeiter von WarenGut holen nach Terminabsprache alle Spenden ab. Und darunter dürfen auch gerne ausgefallene Sachen sein. Ob bei Kleidung oder Möbelstücken, „ich habe schon oft gedacht: Das werden wir nie los“, erzählt Cornelius Schröder, „und dann war es doch ratzfatz weg.“ Zum Beispiel der schwarze Blazer mit Glitzerpailletten oder der wuchtige Tisch mit der schweren Granitplatte.
Weiter hinten im Raum steht sogar eine alte Orgel, Notenblätter inklusive. Einen Kunden gebe es, der sei „ganz vernarrt in dieses Ding“, erzählt Cornelius Schröder. „Immer wenn er hier ist, spielt er ein paar Takte, er beherrscht das wirklich gut.“ Dass er die Orgel dennoch nicht kauft, liegt nicht an mangelndem Geld. „Er hat leider einfach zu wenig Platz in seiner Wohnung“, erklärt Cornelius Schröder. Dann überlegt er: „Vielleicht sollte er hier bald mal ein Konzert geben. Das wäre doch was.“

Text: Maren Albertsen
Foto: Benne Ochs

WarenGut, Borselstraße 3, 22765 Hamburg, geöffnet Montag bis Freitag, 10 bis 20 Uhr, Tel. 30 39 17 10,  http://warengut-grone.de. Hinz&Künztler erhalten bei jedem WarenGut-Einkauf noch einmal 25 Prozent Nachlass auf den ursprünglichen Preis.

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