Es brauchte seine Zeit, aber dann wurde sie gerne deutsche Staatsbürgerin. Nun plant sie, nach Israel zu gehen. Die Geschichte einer Enttäuschung.
Am 8. Oktober vor über einem Jahr, als tags zuvor bei dem Überfall der Hamas aus dem Gaza-Streifen mehr als 1200 Menschen ermordet und Hunderte weitere entführt worden waren, als sie langsam wieder zur Besinnung kommt und allmählich erfasst, was eigentlich passiert ist, bestellt ihr Partner über das Internet eine israelische Flagge. Um sie an den Balkon ihrer Wohnung zu hängen, der blaue Davidstern auf weißem Grund, weithin sichtbar. „Das machen wir nicht“, sagt sie. „Aus Angst um unsere Kinder.“
Wir sitzen im „Café Leonar“; es ist früher Abend, draußen ist es längst dunkel, viele Tische sind besetzt. „Wir sind ein stilvolles, gemütliches Restaurant und Café direkt im Herzen des jüdischen Grindelviertels“, so steht es auf der Homepage. Hier trägt sie ihre schmale silberne Halskette mit dem Davidstern. In keinem anderen Restaurant würde sie das tun; erst recht nicht im Bus, nicht in der U-Bahn, auch nicht auf der Arbeit. Das war mal anders. „Wobei es nie normal war, jüdisch zu sein; hier nicht und zuvor in Belarus nicht, wo ich geboren und aufgewachsen bin, aber Angst hatte ich trotz mancher Blicke und manch komischer Bemerkungen nie“, erzählt sie.
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