Leichte Sprache :
Ein Arbeiter im Schicht-Dienst, obdachlos

Ein Schlafplatz mitten in der Stadt und gut versteckt: Blick von oben auf die grüne Verkehrsinsel nahe der Alster. Foto: Mauricio Bustamante
Ein Schlafplatz mitten in der Stadt und gut versteckt: Blick von oben auf die grüne Verkehrsinsel nahe der Alster. Foto: Mauricio Bustamante
Ein Schlafplatz mitten in der Stadt und gut versteckt: Blick von oben auf die grüne Verkehrsinsel nahe der Alster. Foto: Mauricio Bustamante

Adrian arbeitet viel in einer Fabrik,
mal in der Nacht, mal früh am Morgen.
Er findet aber keinen Platz zum Schlafen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Etwas aus Brettern und Stoffen

Es ist wirklich sehr laut:
Viele Autos fahren und man hört die Züge vom Hauptbahnhof.
„Hier wohne ich seit 4 Wochen“, sagt Adrian.
Er zeigt auf etwas aus Brettern und Stoffen,
das ein wenig wie ein kaputtes Haus aussieht.
Das kaputte Haus steht zwischen Bäumen und
an einer großen Straße am Hauptbahnhof.
Adrian wohnt also im Stadt-Zentrum.
Aber er kann hier nicht schlafen.

Seit vier Wochen findet Adrian keinen Schlaf.
Adrian ist 64 Jahre alt und kommt aus Rumänien.
Er hat eigentlich einen anderen Namen.
Wir nennen ihn Adrian,
er möchte seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung sehen.
Er arbeitet in einer Fabrik in Hamburg,
manchmal in der Nacht und manchmal am Tag.

Bis Ende Juli wohnte er in einer Unterkunft.
Diese Unterkunft war für Arbeit suchende Zugewanderte.
Die Unterkunft sollte auch Menschen helfen,
die unverschuldet in Wohnungsnot geraten sind.
Adrian durfte dort drei Monate bleiben.
Danach musste er die Unterkunft verlassen.
Jetzt lebt er auf der Straße.

Und dann ist die Unterkunft weg

Die Sozial-Behörde sagt,
Adrian wollte bei seinem Cousin wohnen.
Deshalb sollte er aus der Unterkunft gehen.
Adrian sagt, das stimmt aber gar nicht.
Ein rumänisches Paar von der Arbeit hat Adrian geholfen.
Das Paar gab ihm das kaputte Haus an der Straße.
Das Paar wollte zurück in das Land Rumänien.

Seit März arbeitet Adrian in der Fabrik in Hamburg.
Er hält die Hallen sauber.
Adrian spricht wenig Deutsch.
Er kann sich gut mit seiner Vorarbeiterin unterhalten.
Sie kommt auch aus Rumänien.

Am 23. August bekommt Adrian einen Brief vom Bezirksamt Mitte.
Im Brief steht,
dass er das Haus aus Brettern und Stoffen räumen muss.
Er hat dafür 24 Stunden Zeit,
er verstößt gegen das Wege-Gesetz.
Wenige Tage später zerstört die Stadt sein kleines Haus.
Warum vertreibt die Stadt Adrian,
der in einem kleinen kaputten Haus Ruhe sucht?

Das Bezirksamt Mitte sagte,
das Haus von Adrian steht mitten im Weg.
Straßen-Sozialarbeiter:innen haben versucht,
mit Adrian nach Hilfe zu suchen.
Die Sozial-Arbeiter:innen haben Adrian aber nicht getroffen.

Ein schwieriger Weg in die Not-Unterkunft

Adrian hat dann Hilfe im „Pik As“ gesucht.
Das „Pik As“ ist eine Not-Unterkunft für Obdachlose in Hamburg.
Adrian wurde mehrmals wieder weggeschickt.
Die Leute in der Not-Unterkunft sagten,
dass er zu viel Geld bei seiner Arbeit verdient.
Adrian soll bei der Fach-Stelle für Wohnungs-Notfälle fragen.

Die Sozial-Arbeiterin Irina Mortoiu hat Adrian
einen Brief für das „Pik As“ geschrieben.
Dann bekam er ein Bett in einem Zimmer für 4 Menschen.
Adrian würde gerne für ein eigenes Zimmer zahlen.
Aber es gibt im „Pik As“ keine Zimmer für nur eine Person.
Ein Hotel ist für Adrian zu teuer.
Er verdient in der Fabrik 1600 Euro netto im Monat.

Das „Pik As“ gehört zu der Firma „Fördern und Wohnen“.
„Fördern und Wohnen“ ist eine Firma der Stadt Hamburg.
Die Firma sagt zu Hinz und Kunzt:
„Wir haben Adrian nicht weggeschickt.
Wir haben ihm geraten,
zur Fach-Stelle für Wohnungs-Notfälle zu gehen.
Die Stadt Hamburg sollte ihm eine Unterkunft geben.“

In Ruhe schlafen können

Es ist Mitte September.
Adrian ist an diesem Vormittag sehr müde.
Er arbeitet in der Nacht-Schicht und braucht am Tag den Schlaf.
Aber er bekommt im „Pik As“ nicht genug Schlaf,
weil es schon früh am Morgen laut wird im Zimmer.
Und er darf nicht am Tag in der Unterkunft sein.
Er hat Angst vor der nächsten Nacht-Schicht,
weil er dann wieder sehr wenig schlafen kann.

Die Sozialarbeiterin Irina Mortoiu hat im August um Hilfe gebeten.
Eine Mitarbeiterin in der Sozial-Behörde sagt Mitte September,
dass noch ein Formular fehlt.
Aber sie sagt auch,
dass Adrian bald am Tag im „Pik As“ bleiben kann.
Dann kann er dort in Ruhe schlafen.
Vielleicht kann er auch bald in eine Wohn-Unterkunft ziehen.

Adrian sagt,
dass er keine Familie in Hamburg hat.
Er hat hier auch keine Freunde,
die ihm helfen können.
Er wünscht sich nur ein Dach über dem Kopf.
Und er wünscht sich Ruhe.

Übersetzung in leichte Sprache: capito Hamburg

Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.

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