LOGO Hamburg

Von der Studentenkneipe zum Rockclub

Im Logo geht es oft härter zur Sache – so wie 2010 beim Konzert von Napalm Death mit Sänger Mark Greenway. Foto: Jörg-Martin Schulze/jmsphoto.de
Im Logo geht es oft härter zur Sache – so wie 2010 beim Konzert von Napalm Death mit Sänger Mark Greenway. Foto: Jörg-Martin Schulze/jmsphoto.de
Im Logo geht es oft härter zur Sache – so wie 2010 beim Konzert von Napalm Death mit Sänger Mark Greenway. Foto: Jörg-Martin Schulze/jmsphoto.de

Rammstein, Oasis, Udo Lindenberg und Otto Waalkes standen hier auf der Bühne: im legendären LOGO an der Grindelallee. Jetzt feiert der Club seinen 50. Geburtstag.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Es waren andere Zeiten. Das LOGO (nur echt mit der Schreibweise in Versalien), heute als schwitzig-lauter Rockclub aus Hamburg nicht mehr wegzudenken, war jahrzehntelang bestuhlt. Anfangs wurde sogar noch „preiswerte chinesische Küche“ geboten und „nachmittags Kaffee & Kuchen“. Ein Programmflyer aus dem Eröffnungsjahr ist erhalten geblieben und beweist: Die erste Band war eine Dixieland-Truppe. Heinz Junghans Jazzmen spielten am Samstag, den 7. September 1974, Eintritt frei.

Die Inneneinrichtung? „Ein Sammelsurium aus Sperrmüll und Wohnstuben von Verwandten. 80 zusammengenagelte Colakisten dienten als Bühne.“

„Die niedrige Decke vibriert mit Herz und Seele.“

NDR-Moderator Peter Urban

Diese und weitere Anekdoten finden sich in dem neuen Buch „LOGO – Ein Hamburger Club“. Der Band ist gerade zu seinem 50-jährigen Bestehen erschienen. Dutzende Fotos von Bands aus fünf Jahrzehnten Clubgeschichte bereichern das Buch.

Karsten Schölermann, seit 1983 „Knust“-Besitzer, wurde 1994 auch Inhaber des Flachbaus im Grindelviertel. Der studierte Betriebswirt erinnert sich: „Das LOGO war der erste Rockclub in Hamburg, als das Erbe des Starclubs schon tot war. Die Rock’n’Roll-Schuppen auf der Reeperbahn waren allesamt nicht mehr vorhanden. Das LOGO hat eine neue Clubkategorie erfunden.“

„Dieser Ort ist unfassbar ökonomisch.“

Karsten Schölermann

Ein Club, der zunächst eine Studentenkneipe war, offen für fast alles. Folk und Jazzrock wurde geboten; in den 1980er-Jahren traten US-Stars wie Wilson Pickett und Bo Diddley abwechselnd mit Komikern wie Otto Waalkes und Jürgen von der Lippe auf. Auch der junge Hape Kerkeling war zu Gast, zunächst wenig erfolgreich (Schölermann: „Er kam beim Publikum überhaupt nicht an. Aber die Geschichte kann er am besten selbst erzählen.“).

Der NDR-Moderator und Musiker Peter Urban schreibt im Buch über seine ersten Abende im Club: „Die niedrige Decke vibrierte mit Energie und Seele, gehalten vom legendären Pfeiler inmitten der Bühne, um den ich meine Keyboards arrangieren musste. Das LOGO konnte Bands zum Strahlen bringen, nur bei leisen Passagen störte das Klackern der Poolkugeln.“

Anfangs war das LOGO noch bestuhlt, nachmittags gab es Kaffee und Kuchen. Foto: privat
Anfangs war das LOGO noch bestuhlt, nachmittags gab es Kaffee und Kuchen. Foto: privat

Leise war es im Schuhkarton an der Grindelallee allerdings selten, auch wenn die Hardcore- und Metal-Bands erst später kamen. In den 1990ern waren aufstrebende Britpop-Bands vor maximal 450 stehenden Besucher:innen zu Gast. Gruppen, die später weit größere Hallen füllen sollten: Travis, Manic Street Preachers und Oasis. Platz für Lokalmatadore wie Bernd Begemann und Lotto King Karl war sowieso.

Karsten Schölermann, Jahrgang 1960, empfängt an einem Augustnachmittag im Backstage-Raum des LOGO, gemeinsam mit der aktuellen Co-Inhaberin Lea Goltz. Die beiden trennt ein Altersunterschied von fast 40 Jahren, aber beide haben sie die gelassene Mentalität erfahrener Konzertveranstalter:innen.

Das Ambiente hinter der Bühne des lange als „lauteste Sauna Hamburgs“ bekannten Clubs (erst 2023 wurde eine Klimaanlage installiert) ist maximal unspektakulär: schwarze Wände mit lila Streifen. Tisch, Sitzbank, Sofa, Kaffeemaschine, Kühlschrank. Keine goldenen Spiegel, keine Schampus-Kühler und erst recht keine Massagebank.

„Dieser Ort ist unfassbar ökonomisch“, schwärmt Schölermann. „Es ist spartanisch hier, und das hat seinen Grund. Der Eberhard hat mit einer gewissen Penetranz die Betriebskosten optimiert und sich jede Lampe angeschaut. Er wusste: Wenn ich mir die Unabhängigkeit bewahren will, müssen die Kosten runter. Er musste kein Konzert machen, wenn er keinen Bock hatte. Diese Freiheit steckt hier drin.“

Eberhard Gugel war nur sieben Jahre lang LOGO-Inhaber, hat diesen Ort aber nachhaltig geprägt. Er schaffte 1994 als erste Amtshandlung die Bestuhlung ab, investierte in eine neue Lüftung und eine moderne Beschallungsanlage. Und die Musik wurde rauer: Bands wie Queens of the Stone Age und Slipknot spielten hier, ehe sie einem größeren Publikum bekannt wurden. Rammstein brachte beim letzten seiner vier Konzerte unangekündigt einen Flammenwerfer zum Einsatz – und bekam anschließend Hausverbot.

Co-Inhaberin Lea Goltz, heute 25, wurde mit harten Gitarrenbands sozialisiert: „Alles was ich gehört habe, lief im LOGO, ich war immer schwarz gekleidet.“

Mittlerweile seien viele ihrer Lieblinge aus den Zehnerjahren zu groß für den Club und spielten in Arenen. Goltz findet vor allem die durch Soziale Medien angefachten Hypes bedenklich: „Durch TikTok sehe ich Künstler:innen ganz plötzlich aus dem Boden schießen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es denen guttut, einen Song zu veröffentlichen, der viral geht und sie gleich vor 3000 Leuten spielen lässt. Ich finde es schön, wenn man das LOGO nicht auslässt.“

Schölermann gehört mittlerweile das Grundstück, auf dem das LOGO steht – eine Bestandsgarantie gibt es dennoch nicht. Das Thema Lärmschutz in einer dicht bebauten Gegend beschäftigt den Club seit Langem, mit den Nachbarn hat man sich auf 24 Uhr als Sperrstunde geeinigt. „Kettcar wollten unbedingt eine Silvester-Show spielen, konnten sich aber nicht vorstellen, dass um Mitternacht Schluss ist. Wir meinten: nee, nicht um Mitternacht, um elf! Wir brauchen eine Stunde, damit um Mitternacht wirklich Ruhe ist.“

An zwei Dinge erinnert sich jeder, der Gast bei einer gut gefüllten LOGO-Show war: den Schweiß, der buchstäblich von der Decke tropfte – und den Pfeiler genau in der Mitte der Bühne.

„Er ist erst einmal ein Hassobjekt“, sagt Schölermann. „Aber jeder Sänger, der drum herum tanzt, fängt an, den zu lieben. Er kann ja auch gar nicht anders!“

Artikel aus der Ausgabe:
Ausgabe 380

Panic at the Disco

Seit der Corona-Pandemie kämpft die Hamburger Clubszene ums Überleben. Im Schwerpunkt erklärt Kultursenator Carsten Brosda (SPD) im Interview, ob und wie die Stadt den Clubs helfen kann.

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Autor:in
Jan Paersch
Freier Kulturjournalist in Hamburg. Zwischen Elphi und Stubnitz gut anzutreffen - und immer auf einen Espresso.

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