Caroline Rudolphi

Ein „weiblicher Sokrates“ aus Hamburg

So soll sie ausgesehen haben: Abbildung von Caroline Rudolphi aus dem Jahr 1825.
So soll sie ausgesehen haben: Abbildung von Caroline Rudolphi aus dem Jahr 1825.
So soll sie ausgesehen haben: Abbildung von Caroline Rudolphi aus dem Jahr 1825.

In seiner historischen Porträtserie schreibt Frank Kürschner-Pelkmann über Caroline Rudolphi und ihr Mädchenpensionat.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Als Caroline Rudolphi am 24. August 1753 als Kind armer Leute geboren wurde, sprach nichts dafür, dass sie für ihre Bildung und ihre klugen Gesprächsbeiträge mal viel Anerkennung finden würde. Ihr Vater starb früh, und so konnte sie nur wenige Jahre zur Schule gehen. Sie musste die schwermütige Mutter bei der Anfertigung und beim Verkauf von Handarbeiten unterstützen. In ihrem autobiografischen Roman schrieb sie über ihre Jugend, „nun versank sie neben der trostlosen Mutter in einen dumpfen, freudlosen Zustand, von dem ihr nur noch eine dunkle Erinnerung übrig geblieben“ ist.

Ihr großes Glück war, dass sie in der Bibliothek einer Nachbarin viele klassische Werke lesen und an Leseabenden teilnehmen durfte. Das motivierte sie, Gedichte zu schreiben. Sie gefielen einem Kapellmeister so gut, dass er sie vertonte. Auch sorgte er dafür, dass 1776 erste ihrer Gedichte in einer Zeitschrift erschienen und später eine Sammlung veröffentlicht wurde.

1778 nahm Caroline Rudolphi eine Stelle als Gouvernante bei einer Gutsherrenfamilie in Mecklenburg an. Sie hatte sich autodidaktisch eine solche Bildung erworben, dass sie die Töchter der Familie unterrichten konnte. 1783 gab sie die Stellung auf und bat die Eltern darum, die vier Mädchen zur weiteren Erziehung mit nach Trittau nehmen zu können. Die Eltern stimmten zu, und man einigte sich auf eine Bezahlung. Die Mädchen antworteten auf diese Pläne „mit einem Jubel, als ob ihnen das größte Glück angekündigt würde“, erinnerte sich Rudolphi später.

In einem kleinen Strohdachhaus am Rande von Trittau eröffnete Rudolphi eine kleine Erziehungsanstalt, zunächst nur für die Töchter der Gutsherrenfamilie. 1784 entschloss sie sich, weitere Mädchen in ihr Pensionat aufzunehmen und hierfür in ein Haus in Billwerder umzuziehen. Die Zahl der betreuten Mädchen nahm langsam zu, und das Pensionat fand viel Anerkennung. Bereits nach einem Jahr wechselte Rudolphi in ein Haus in Hamm, wo sie bis zu 24 Mädchen unterrichten konnte. Auch nahm sie nun regelmäßig an den Treffen der Hamburger Aufklärungsanhänger teil und baute sich einen großen Freundeskreis auf. Mit ihren klugen Beiträgen zu Gesprächen über Erziehung und Literatur sowie ihren Gedichten erhielt sie den Ruf, ein „weiblicher Sokrates“ zu sein. Sie genoss aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten und ihrer Zuwendung zu ihren Mitmenschen ein hohes Ansehen.

In ihrer Pädagogik war sie beeinflusst von Rousseau und Pestalozzi. Wie einst Sokrates war sie bemüht, im Gespräch Wissen und Einsichten zu vermitteln. Dabei erkannte sie: „Geduldiges Erwarten geziemt dem Erzieher wie dem Gärtner.“ Die Atmosphäre im Haus war so einladend, dass der Dichter Friedrich Klopstock sehr gern von Altona zu Besuchen dorthin ritt. 1803 zog Caroline Rudolphi nach 16 Jahren in Hamm mit einigen Schülerinnen nach Heidelberg und setzte dort ihre pädagogische Arbeit fort. Sie starb am 15. April 1811.

Artikel aus der Ausgabe:
Ausgabe 380

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Autor:in
Frank Kürschner-Pelkmann
Frank Kürschner-Pelkmann ist Journalist und Buchautor. Zum Weiterlesen: „Entdeckungs­reise durch die Hamburger Geschichte – 240 Porträts aus 12 Jahrhunderten“ von Frank Kürschner- Pelkmann, Tredition Verlag, 38 Euro

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