Hinz&Künztler Markus

„Ich bin ein Handwerker“

Foto: Mauricio Bustamante
Foto: Mauricio Bustamante
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Markus, 50, arbeitet als Hausmeister im Hinz&Kunzt-Haus.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Für diesen Donnerstagvormittag im Juli hat Markus die Malerklamotten gewählt. „Ein Treppenhaus muss noch gestrichen werden“, erklärt der 50-Jährige. Seit März arbeitet der langjährige Verkäufer des Straßenmagazins auf Minijob-Basis als Hinz&Kunzt-Hausmeister, ein Job, der wie gemalt ist für ihn: „Ich bin ein Handwerker.“

Der Mann mit dem Käppi ist ein ruhiger, zurückhaltender Typ. Einer, der seine Geschichte mit leiser Stimme erzählt, selbst wenn sie nach lauten Tönen schreit. Seine Mutter sei als junges Mädchen von ihrem Vater auf den Strich geschickt worden, Markus’ eigener Vater später ihr Zuhälter geworden. Für Markus und seine Schwester war in diesem Leben kein Platz: Sie wuchsen bei den Großeltern väterlicherseits in Norddeutschland auf. Er habe trotzdem „eine gute Kindheit“ gehabt. Sein Vater ist seit Langem verstorben, zur Mutter habe er selten und vor allem aus Pflichtgefühl Kontakt: „Es ist schwierig. Ich weiß, dass ich ihr Sohn bin. Aber als Mutter empfinde ich bis heute meine Oma.“

Markus macht den Hauptschulabschluss und lernt Schlosser, wird aber nicht übernommen. Einige Jahre arbeitet er auf Baustellen, als selbstständiger Verfuger. Als die Aufträge größer werden, überreden drei Kollegen ihn, eine Firma zu gründen und sie anzustellen – ein Fehler: Zwei hätten sich bald krankgemeldet, erzählt Markus. In der Folge habe er Termine nicht einhalten können und Vertragsstrafen kassiert, „23.000 Euro“.

Es folgen Jahre in der Zeitarbeit. Markus wohnt eine Weile wieder bei den Großeltern, landet nach deren Tod auf der Straße. Bald findet er eine Wohnung in Hamburg und arbeitet als Schweißer auf dem Bau. Eine Beziehung führt ihn nach Niedersachsen, wo er neun Jahre lebt – doch die Beziehung zerbricht. Wegen einer Eigenbedarfskündigung landet Markus erneut auf der Straße.

Er geht zurück nach Hamburg, findet aber nur ein Hotelzimmer auf dem Kiez. Bald habe es auch immer seltener Jobs für ihn gegeben. „Es war schwierig, ich bin dort auch gar nicht mehr zur Ruhe gekommen.“ 2012 kommt er erstmals zu Hinz&Kunzt. Er habe dem Projekt viel zu verdanken, vor allem Sozialarbeiter Jonas Gengnagel, der für die Wohngemeinschaften im Hinz&Kunzt-Haus zuständig ist. Das zu betonen, ist Markus wichtig. Als einer der Ersten zieht er 2021 in eine der WGs. Dort findet er die Kraft, sich um seine lange vernachlässigten Zähne zu kümmern und um seine Schulden. Seit diesem Frühjahr lebt er in einem Einzimmerapartment in Groß-Borstel. Das WG-Leben sei ihm irgendwann zu laut geworden, sagt Markus: „Ich bin gerne alleine und genieße die Ruhe.“

Und die Zukunft? Er würde gerne etwas mehr arbeiten, sagt Markus, „dann hat man mehr Struktur“. Und eine Freundin wäre auch schön. Aber das ergebe sich oder auch nicht und sei kein Muss: „Besser keine Frau als die falsche.“

Artikel aus der Ausgabe:
Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.

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