Hamburger Ledigenheim

Unter Männern

Seit 1986 lebt Herr Reichel im Ledigenheim. Foto: Miguel Ferraz
Seit 1986 lebt Herr Reichel im Ledigenheim. Foto: Miguel Ferraz
Seit 1986 lebt Herr Reichel (links) im Ledigenheim. Foto: Miguel Ferraz
Hinz&Kunzt Randnotizen

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In der Hamburger Neustadt finden ehemalige Seeleute, Hafenarbeiter und andere Alleinstehende seit mehr als 100 Jahren Gemeinschaft und ein Zuhause. Ein Ortsbesuch im Ledigenheim.

Im Aufenthaltsraum des Ledigenheims, in dem die Farbe von den Wänden blättert und notdürftig verlegte Kabel aus dem Putz herausschauen, sitzt Ende April eine zusammengewürfelte Gruppe bei Kaffee und Saftschorle. Da ist Michael Gerdes, ein großer Mann mit gebückter Haltung und wachen Augen, der mal obdachlos war und seit 19 Jahren ein Zimmer hier hat. Der etwas verloren wirkende Nachbar Peter Krautkrämer, für den das Ledigenheim zur Anlaufstelle während einer Krise wurde. Die alte Frau Bieber, die gegenüber aufwuchs und deren verstorbener Ehemann einst hier wohnte. Und Jade Jacobs und Antje Block, zwei ehemalige Designer:innen Mitte 40, die das Haus leiten. Eine junge Nachbarin steckt den Kopf zur Tür rein, begrüßt alle lautstark und quetscht sich mit an den Tisch. „Willkommen in unserem alltäglichen Wahnsinn“, sagt Jade Jacobs trocken.

Er und seine Mitstreiterin Antje Block sind ein zentraler Teil der besonderen Gemeinschaft rund um das historische Männerwohnheim, in dem unter anderem ehemalige Seeleute, Hafenarbeiter und Studenten aus aktuell 17 Nationen zusammenleben. 2007 mieteten die beiden den Raum im Erdgeschoss an, um ihn als Arbeitsraum zu nutzen. „Wir kamen ungewollt als Gentrifizierer und wussten nichts über das Ledigenheim“, sagt Jacobs, „und dann haben wir gemerkt, dass wir hier eigentlich im Wohnzimmer der Männer sitzen.“


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Autor:in
Yasemin Ergin
freie Journalistin

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