Mehr als 100 besonders kranke Obdachlose durften vergangenen Sommer in einer Großunterkunft des Winternotprogramms bleiben. Wie schlecht es den Menschen geht, zeigen neue Zahlen des Senats: Fast zwei Mal pro Tag kam zuletzt der Krankenwagen.
Als Anfang November das Winternotprogramm begann, herrschte in der Großunterkunft Friesenstraße (400 Betten) schon reger Betrieb: 120 Menschen lebten schon vor Programmstart in dem ehemaligen Bürogebäude, weil sie so krank sind, dass die Straße für sie eine Gefahr für „Leib und Leben“ bedeutet. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Bürgerschaftsanfrage der CDU hervor. 22 weitere Obdachlose schliefen demnach in der Notunterkunft, weil sie Anrecht auf einen Platz in einer Wohnunterkunft hatten, dort aber kein Bett für sie frei war.
Die Senatsantwort zeigt außerdem, wie schlecht es den Menschen geht. 399 Mal wurde zwischen Anfang April und Ende Oktober ein Rettungswagen oder ein Notarzt in die Unterkunft gerufen. Im Schnitt sind das fast zwei Einsätze pro Tag – trotz angeblich asusreichender medizinischer Versorgung vor Ort. Laut Senat steht in der Friesenstraße täglich ein Pflegedienst zur Verfügung. Einmal pro Woche finde zudem eine zweistündige ärztliche Sprechstunde statt.
Die hohen Belegungszahlen und die vielen Einsätze sagten viel über den Gesundheitszustand der Obdachlosen aus, kommentiert Andreas Grutzeck, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion: „Man fragt sich, ob ein Ausbau der ärztlichen Sprechstunde, die immer donnerstags zwei Stunden stattfindet, nicht sinnvoller und sogar günstiger wäre! “
Ob das passiert: fraglich. In der anderen Großunterkunft des Winternotprogramms, in einem ehemaligen Hotel in der Halskestraße, kann laut Senat momentan gar keine medizinische oder pflegerische Unterstützung angeboten werden. Grund dafür sei der Fachkräftemangel.