Manche Hilfebeziehende müssen kämpfen, um das Deutschlandticket mit Ermäßigung zu bekommen.
Für 19 Euro im Monat Bus und Bahn fahren, und zwar ab Juni: Das erwartet Simone Leitner (Name geändert, Red.), als sie Ende Mai ihr Sozialticket beantragt. Umso erstaunter ist die 64-Jährige, als sie Mitte Juli Post vom HVV bekommt: „Den Fahrpreis von 49,00 Euro ziehen wir zum 1. des Monats vom Konto ein.“ Zwar enthält der Brief auch einen Hinweis auf den Sozialrabatt. Doch die Bürgergeldempfängerin ist verunsichert: Muss sie doch den regulären Preis bezahlen?
Sie fragt bei der Telefon-Hotline des Hamburger Verkehrsverbunds nach. Ihr Antrag auf den Sozialrabatt sei eingegangen. Das habe man ihr bestätigt, sagt Simone Leitner. Aber auch: „Die Bearbeitung dauert manchmal etwas länger.“ Wenn ihr zu viel Geld abgebucht werde, erstatte der HVV das zurück. Wann, bleibt allerdings offen.
Drei Wochen später werden die Befürchtungen wahr: Statt 57 Euro für drei Monate Deutschlandticket zieht der HVV 147 Euro ein, also 90 Euro mehr. Viel Geld für eine Hilfeempfängerin. Sie habe Freund:innen, bei denen sie sich zur Not etwas leihen könne, sagt Simone Leitner: „Doch was ist mit denen, die das nicht können?”
Der HVV erklärt auf Nachfrage, die zitierte Auskunft der Hotline sei „nicht korrekt“. Alle Bestellungen eines Deutschlandtickets mit Sozialrabatt „wurden und werden mit Vorrang bearbeitet, hier gibt es keinen Verzug“. Die Abbuchung des regulären Preises könne „nur daraus resultieren, dass das Antragsformular für den Sozialrabatt bisher nicht oder nicht vollständig ausgefüllt eingegangen ist“.
Simone Leitner fühlt sich verschaukelt. Sie habe den Antrag vollständig abgegeben. „Eine Mitarbeiterin dort hat sich das sogar alles noch mal angeschaut“, berichtet sie. Als sie Anfang August erneut die Hotline anruft, heißt es, es liege gar kein Antrag auf Sozialrabatt von ihr vor. Simone Leitner ist fassungslos: „Ich bin gelernte Bürokauffrau und Buchhalterin. So etwas geht gar nicht!“
Beratungsstellen berichten von mehreren Betroffenen mit ähnlichen Erfahrungen. Bei David Himmel etwa werden zweimal 49 statt 19 Euro vom Konto abgebucht. Erst als der 36-Jährige sich persönlich an einem HVV-Service-Point beschwert, erhält er das zu viel gezahlte Geld zurück. Eine Erklärung für die Falschbuchung habe er nicht bekommen, ärgert er sich.
Auf Hinz&Kunzt-Nachfrage empfiehlt der HVV Betroffenen, sich bei ihrem zuständigen Amt zu melden. Die Sozialbehörde hingegen erklärt: Der Verkehrsverbund sei zuständig für die Beschwerden.
Mitte August geht Simone Leitner noch mal persönlich zum HVV. Diesmal fotografiert sie den ausgefüllten Antrag vorher ab. Das zu viel gezahlte Geld, versichert ihr die Mitarbeiterin, bekomme sie Anfang September zurück.