Artan Zeka erinnert sich noch genau an den Moment, als sich die Türen zur Berliner Hitzehilfe zum ersten Mal öffneten. Es war der 18. Juli 2022 – und in der Hauptstadt kletterte das Thermometer auf 42 Grad. Bis Ende September koordinierte Zeka für den Internationalen Bund (IB) Berlin-Brandenburg die erste Hitzenotunterkunft in Deutschland. Der Andrang war enorm.
Hinz&Kunzt: Herr Zeka, die Weltgesundheitsorganisation forderte schon 2008, dass die Städte in Europa ihre Bewohner:innen besser vor Hitze schützen müssen. Wie kam es dazu, dass in Berlin nun endlich Deutschlands erste Hitzenotunterkunft eröffnete?
Artan Zeka: Wir sind über die Kältehilfe zur Hitzehilfe gekommen. Im Winter betreibt der IB Berlin-Brandenburg Notunterkünfte in der ganzen Stadt. Wir haben uns schon lange gewünscht, die auch im Sommer zu öffnen. Vergangenen Juni konnten wir uns mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg einigen – und das Haus, das wir dort für die Kältehilfe nutzen, auch für den Sommer bekommen. Die Idee haben wir uns in Spanien und den USA abgeguckt. Dort können Obdachlose der Hitze in sogenannten „Cooling Houses“ entkommen – zumindest eine Zeit lang.
Wie sah das Angebot aus?
Wir haben um 10 Uhr geöffnet, danach gab es eine kleine Mahlzeit, den ganzen Tag über außerdem kalte Getränke. Wir haben Sonnencreme und Hüte verteilt, und die Leute konnten duschen oder sich in einem von 30 Betten ausruhen. Zwischen 16 und 18 Uhr gab es noch einmal etwas zu essen. Um
20 Uhr haben wir wieder zugemacht.
Nachts blieb die Unterkunft geschlossen?
Ja, leider. Das liegt zum Teil am Gebäude. Um nachts geöffnet zu bleiben, müsste es mehr Vorschriften genügen, zum Beispiel beim Brandschutz. Das Ganze ist aber auch eine Kostenfrage. Wir stemmen schon jetzt viel mit ehrenamtlicher Unterstützung.
Wie wurden die Räume gekühlt?
Mit Ventilatoren. Eine Klimaanlage gab es nicht. Für die Leute war es aber auch nicht so wichtig, ob es drinnen 25, 20 oder 18 Grad waren – sondern, dass sie sich der Sonne überhaupt entziehen konnten. Viele verbrachten den Tag im Schatten der Bäume in unserem Hinterhof.
Wie wurde das Angebot angenommen?
Wir hatten mit 30 Leuten am Tag gerechnet – gekommen sind 60 bis 65. Unsere Betten waren die ganze Zeit
belegt. Manche haben gefrühstückt, geduscht, sich hingelegt und sind erst um 20 Uhr wieder gegangen. Andere blieben nur für wenige Stunden.
Mediziner:innen warnen, dass mit der Hitze die Aggressivität zunimmt. Wie haben Sie die Menschen wahrgenommen?
Man merkt einen enormen Unterschied zwischen Hitze- und Kältehilfe. Im Winter kommen die Leute durchgefroren an und wollen nur ins Bett. Im Sommer sind sie viel angespannter. Wenn Alkohol oder ein Streit dazukommen, kann es schnell explodieren. Kleine Unterkünfte sind daher essenziell – im Sommer noch mehr als im Winter.
Die Berliner Hitzehilfe