In Hamburg und bundesweit wurden 2022 mehr Wohnungen als im Vorjahr fertiggestellt. Für Mieterverein und Sozialverbände ist das dennoch kein Grund zur Freude.
Trotz einem Anstieg der fertiggestellten Wohnungen in Hamburg auf 9234 im vergangenen Jahr (2021: 7836) ist der Mieterverein besorgt. „Es wurden lediglich bereits vor Energiekrise und Inflation begonnene Projekte fertiggestellt“, ordnet Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg, die Zahlen ein: „Die aktuellen Genehmigungszahlen zeigen aber, dass der massive Einbruch vom Jahr 2021 nicht überwunden wurde.“ 9199 Wohnungen und damit 6,6 Prozent weniger als im Vorjahr wurden laut Statistikamt Nord im vergangenen Jahr in Hamburg genehmigt.
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) fürchtet deshalb, der Neubau sei in den kommenden Jahren “ernsthaft bedroht”. Zwar hätte der Einbruch mit Rahmenbedingungen zu tun, für die die Politik nichts könne – hohe Materialkosten, hohe Grundstückspreise, gestörte Lieferketten – dennoch hätte es die Bundespolitik versäumt Förderprogramme aufzulegen, um die Auswirkungen dieser Probleme abzuschwächen.
Mieterverein und der hiesige Sozialverband zeigen sich insbesondere mit Blick auf Sozialwohnungen alarmiert. Zwar wurden im vergangenen Jahr 2430 und damit mehr Sozialwohnungen als 2021 fertiggestellt. Dennoch brauche es deutlich mehr bezahlbare Wohnungen in Hamburg: „Jetzt muss der Errichtung von bezahlbarem und barrierefreiem Wohnraum in allen Behörden Vorfahrt eingeräumt werden“, sagt Klaus Wicher, Landesvorsitzender des Hamburger Sozialverbands.
Bundesregierung verfehlt Neubauziel
Auch bundesweit stieg der Wohnungsneubau im vergangenen Jahr – allerdings nur leicht. 295.300 Wohnungen wurden laut statistischem Bundesamt fertiggestellt. Das sind 0,6 Prozent mehr als 2021 – aber immer noch deutlich weniger als die 400.000 Neubauten, die sich die Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen hat.
„Die Wohnsituation ist an vielen Orten desolat, die Mietsteigerungen in Ballungsräumen sind dramatisch, die Zahl der Sozialwohnungen nimmt immer weiter ab“, sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland angesichts der Zahlen: „Besonders betroffen sind Menschen mit Behinderungen, alte Menschen, Familien mit vielen Kindern, Wohnungslose und andere am Wohnungsmarkt strukturell Benachteiligte, die keine Bleibe finden.“ Der Sozialverband schlägt deshalb neben dem Wohnungsneubau ein Maßnahmenbündel vor. Teil davon ist etwa die Einführung einer Wohngemeinnützigkeit, also eines nicht gewinnorientierten Sektors im Wohnungsmarkt. Die Einführung einer solchen Wohngemeinnützigkeit steht ebenfalls im Koalitionsvertrag der Ampel – wartet aber noch auf ihre Umsetzung.