Schlingensief-Projekt „Mission“ :
Obdachlosenhilfe ohne Obdach 

Aus den Räumen in der Neustadt musste die "Mission" ausziehen. Foto: SIM

Hamburgs einziges selbstverwaltetes Wohnungslosenprojekt ist obdachlos: Wegen Bauarbeiten kündigt die Stadt der „Mission“ den Mietvertrag. Ersatz gibt es nicht. 

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Nach 25 Jahren ist Schluss: „Die Mission“, Hamburgs einzige selbstverwaltete Aufenthaltsstätte für Wohnungslose, musste Ende September schließen. Das Gebäude in der Neustadt wird zusammen mit der Notunterkunft „Pik As“ abgerissen. „Wir bedauern, dass die Kündigung im Zusammenhang mit den bevorstehenden Bauarbeiten unumgänglich war“, erklärt Susanne Schwendtke vom städtischen Vermieter Fördern und Wohnen. Während das Pik As für die Dauer der Bauarbeiten umzieht, gibt es für die Mission keinen Ersatz. Traurig sei das, heißt es aus dem Missions-Team, von einer „Katastrophe für die Wohnungslosen“ ist die Rede.  

Sang- und klanglos verschwindet damit ein Hilfsprojekt von der Bildfläche, dass 1997 glamourös begann: Der Aktionskünstler Christoph Schlingensief hatte zusammen mit dem Schauspielhaus das Kunstprojekt „Passion Impossible“ ins Leben gerufen und eine eigene Bahnhofsmission eröffnet –  als Platz, an dem sich Arm und Reich begegnen sollten. Neben warmer Suppe bot der Verein „Künstlerische Maßnahmen gegen die Kälte“ etwa Theateraufführungen und Konzerte an. Den Betrieb organisierten anschließend an verschiedenen Orten jahrelang Menschen, die selbst wohnungslos waren. Gegen frühe Schließungspläne regte sich damals noch lauter Protest. 

Als die Mission im Jahr 2007 das bislang letzte Mal umziehen musste, sprang die Stadt ein und bot die Räume beim Pik As an. Die hatten zwar keine Schaufenster mehr zum Gehweg, sondern lagen versteckt in einem Hinterhof, aber immerhin konnte die Mission weitermachen und ihr Angebot für Wohnungslose aufrechterhalten.  

15 Jahre später verläuft ein städtisches Hilfsangebot im Sand: Vom durch Fördern und Wohnen angeblich über die Sozialbehörde vermittelten Kontakt ins Bezirksamt Mitte, das bei der Suche nach neuen Räumen behilflich sein sollte, weiß man im Amt nichts: „Es gibt keinen Arbeitsauftrag, und auch sonst ist niemand an uns herangetreten“, erklärte eine Sprecherin auf Nachfrage. Die Sozialbehörde äußerte sich nicht dazu. Fördern und Wohnen bedauert seinerseits, keine eigenen Räume anbieten zu können. Jetzt ist die Mission also tatsächlich obdachlos. 

Autor:in
Benjamin Buchholz
Benjamin Buchholz
Früher Laufer, heute Buchholz. Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD Digitales.

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