Das von der Ampel-Koalition angekündigte Sanktionsmoratorium bei Hartz IV soll kommen – aber nur in einer Light-Version. Das geht aus Ankündigungen der Bundesregierung hervor. Die Grünen wollen im Bundestag noch nachbessern.
Die Bundesregierung hat das von der Ampel-Koalition versprochene Sanktionsmoratorium auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss einen entsprechenden Gesetzentwurf, teilte das Bundearbeitsministerium am Mittwoch mit. Demnach sollen sogenannte Pflichtverletzungen von Hartz-IV-Beziehenden bis Jahresende vom Jobcenter nicht mehr mit einer Kürzung der Hilfe bestraft werden. Wer allerdings ohne wichtigen Grund nicht zu vereinbarten Terminen erscheine, müsse weiterhin „mit leistungsrechtlichen Konsequenzen rechnen“, erklärte das Ministerium.
Laut Bundesagentur für Arbeit haben die Jobcenter vergangenes Jahr bis Ende November bundesweit 163.448 Sanktionen verhängt, in Hamburg waren es 3501 Geldkürzungen. Neuere Zahlen liegen nicht vor. In den weitaus meisten Fällen kürzt das Amt wegen sogenannter Meldeversäumnisse die Hilfe um 10 Prozent – und kann das nach den Plänen der Regierung auch weiterhin tun. Ausgesetzt würden nur die Kürzungen um 30 Prozent, etwa wegen der Weigerung, an einer vom Jobcenter verordneten Maßnahme teilzunehmen. Die Initiative Sanktionsfrei erklärte dazu auf Hinz&Kunzt-Nachfrage: „Das Sanktionsmoratorium ist ein Witz und verdient seinen Namen nicht.“
Auch der Grünen-Sozialpolitiker Andreas Audretsch kritisiert die geplante Ausnahmeregelung für das Nichterscheinen bei Terminen. „An dieser Stelle werden wir im parlamentarischen Verfahren nacharbeiten.“ Wann der Gesetzentwurf im Bundestag diskutiert wird, ist unklar. Die Grünen hatten in ihrem Wahlprogramm eine sogenannte Garantiesicherung ohne Sanktionen befürwortet, die SPD ein Bürgergeld ohne „sinnwidrige und unwürdige Sanktionen“.
Der Paritätische Gesamtverband hatte in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf von einem „sinnvollen Zwischenschritt“ gesprochen, jedoch seine Forderung bekräftigt, Sanktionen dauerhaft abzuschaffen. Auch der Sozialhilfeverein Tacheles begrüßt ein Sanktionsmoratorium grundsätzlich. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass viele Jobcenter seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts „vermehrt und teils willkürlich Leistungsversagungen auf andere Weise durchführen und begründen“.
Die Ampel-Koalition will bis Anfang kommenden Jahres statt Hartz IV ein sogenanntes Bürgergeld einführen. Wie das aussehen wird, ist allerdings völlig unklar. Sicher scheint, dass die Koalition dabei die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Sanktionen berücksichtigen wird. Das höchste deutsche Gericht hatte 2019 geurteilt, dass die Kürzungspraxis der Jobcenter in Teilen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist – und deshalb Änderungen angemahnt.