Die Sozialbehörde will keine erneute Befragung von Obdachlosen in Hamburg durchführen lassen. Ein entsprechender CDU-Antrag dürfte deshalb kaum eine Mehrheit in der Bürgerschaft finden.
Hat Corona das Bild auf Hamburgs Straßen verändert, und wenn ja wie? Antworten auf diese Fragen sucht die CDU und fordert vom Senat deshalb eine neue Studie. „Die Corona-Pandemie dürfte sich erhöhend auf die Zahl und verändernd auf die Zusammensetzung der Obdachlosen ausgewirkt haben“, heißt es in einem Antrag, der diesen Mittwoch in der Bürgerschaft behandelt werden soll. So werde aus der Obdachlosenhilfe berichtet, dass mehr in Not geratene Soloselbstständige ohne Krankenversicherung auf der Straße lebten. Daher sei es „dringend geboten, eine weitere Befragung zu veranlassen“.
Die Sozialbehörde sieht das anders: Die These der CDU „kann nicht bestätigt werden“, erklärte eine Sprecherin gegenüber Hinz&Kunzt. Ursachen und Hintergründe von Obdachlosigkeit seien aus der letzten Befragung von Betroffenen 2018 bekannt. „Die vorhandenen Ressourcen sollten weiterhin besser in die Umsetzung der Vorhaben gesteckt werden, die als Ergebnis entwickelt wurden.“
Kurz vor der Bürgerschaftswahl Anfang vergangenen Jahres hatten SPD und Grüne neue Hilfen für Obdachlose auf den Weg gebracht. Die Umsetzung allerdings verläuft schleppend, beklagen Opposition und Wohnungslosenhilfe. So hat Rot-Grün erst im Mai Haushaltsmittel für ein Housing-First-Modellprojekt bereitgestellt. Und wann die versprochene und dringend benötigte Pension für Wanderarbeiter:innen kommen wird, steht in den Sternen.
Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände schloss sich der Haltung der Behörde an. Es lägen ausreichend Daten vor, um Obdachlosigkeit zu bekämpfen, so die stellvertretende Geschäftsführerin Sandra Berkling. „Eine neuerliche Befragung wäre eher kontraproduktiv, denn sie kostet nur wertvolle Zeit und würde wahrscheinlich dazu führen, dass langerwartete Maßnahmen nicht in die Umsetzung gehen, weil die Studienergebnisse abgewartet werden sollen.“