715 Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen hat die Stadt vergangenes Jahr in Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung genehmigt – mehr als doppelt so viele wie 2019 (325) und gut achtmal mehr als 2018 (85).
Die Verordnungen sollen Mieter:innen in begehrten Wohngebieten wie St. Georg, St. Pauli oder Sternschanze eigentlich besonders gut vor Verdrängung schützen; eine Genehmigung zur Umwandlung „wird in der Regel nicht erteilt“, heißt es auf der Internetseite der Stadt.
Warum die Zahlen dennoch in die Höhe schnellen, kann die Stadtentwicklungsbehörde nur begrenzt erklären. Von 2018 bis Anfang 2020 seien vier neue Gebiete mit Sozialen Erhaltungsverordnungen dazugekommen, so eine Sprecherin. „Das erklärt einen Teil des Anstiegs.“ Mehr Gebiete bedeuteten auch mehr Anträge. Doch auch darüber hinaus sei eine Zunahme zu beobachten. Den Trend stoppen könne das Baulandmobilisierungsgesetz, das Bundestag und Bundesrat kürzlich beschlossen haben und an dessen Umsetzung in Landesrecht die Behörde derzeit arbeite. Es schaffe „die Grundlage dafür, dass die flächenhafte Genehmigung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen restriktiver gehandhabt werden kann“.
Allerdings müssen die Ämter auch mit dem neuen Gesetz weiterhin Umwandlungen genehmigen, wenn Käufer:innen sich verpflichten, die erworbenen Wohnungen die kommenden sieben Jahre nur an aktuelle Mieter:innen zu veräußern – laut Stadtentwicklungsbehörde „der weitaus größte Anteil“. Genau aus diesem Grund bezeichneten Hamburger SPD und Grüne diese Regelung vor knapp zwei Jahren noch als „letztes Schlupfloch“, das sie schließen wollten. Sie erlaube es, Mieter:innen gegen ihren Willen zu vertreiben, da die das siebenjährige Vorkaufsrecht oft nicht wahrnehmen könnten. Nun schwärmt die SPD-Fachsprecherin Martina Koeppen (SPD) auf Hinz&Kunzt-Nachfrage: „Das Baulandmobilisierungsgesetz ist ein starkes Gesetz.“ Für Mängel macht sie die Union im Bund verantwortlich. Ihr Bürgerschaftskollege Olaf Duge (Grüne) hingegen spricht von einer „schmerzhaften Lücke im Mieterschutz“ und erklärt: „Der Einfluss der Immobilienlobby ist unverkennbar.“
Wie viele Mietwohnungen hamburgweit in den vergangenen Jahren zu Eigentum geworden sind, weiß die Stadt nicht. Außerhalb der geschützten Gebiete sei keine Genehmigung erforderlich, erklärte die Stadtentwicklungsbehörde. „Eine statistische Erfassung erfolgt daher nicht.“ Berlin ist da weiter: Vergangenen Sommer legte die dortige Landesregierung Zahlen vor – und die haben es in sich: 76.629 Mietwohnungen wurden innerhalb von fünf Jahren zu Eigentum, rund ein Viertel (18.382) davon in Sozialen Erhaltungsgebieten. Geht man davon aus, dass die Verteilung sich gleicht, wären in Hamburg allein im vergangenen Jahr fast 3000 Wohnungen umgewandelt worden.