In den vergangenen Wochen sind deutlich mehr Menschen auf der Straße gestorben, als bislang bekannt war – allein acht seit Dezember. Die Rufe nach einer Öffnung von Hotels für Obdachlose werden lauter.
Die Zahl der toten Obdachlosen auf Hamburgs Straßen erreicht einen traurigen Höhepunkt: Nachdem Hinz&Kunzt über fünf Todesfällen um den Jahreswechsel berichtete, fördert jetzt eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei weitere sieben Fälle seit September zu Tage. Alle zwölf Obdachlosen starben allein auf der Straße oder in leerstehenden Gebäuden. Acht der Todesfälle ereigneten sich, nachdem die Temperaturen Anfang Dezember erstmals unter den Gefrierpunkt sanken.
„Die bisher bekannten fünf Todesfälle waren bereits fünf zu viel. Das Sterben und die Verelendung auf Hamburgs Straßen muss ein Ende haben, der Senat muss jetzt handeln und der Forderung der Obdach- und Wohnungslosenhilfe nach einer Hotelunterbringung endlich nachkommen“, sagt Stephanie Rose, sozialpolitische Sprecherin der Linken. Ihre Fraktion hat daher erneut einen Antrag in der Bürgerschaft eingereicht, um per Parlamentsbeschluss eine sofortige Öffnung der Hotels für obdachlose Menschen zu erreichen. Anfang Februar wird es außerdem auf Antrag von Linken und CDU eine Sondersitzung des Sozialausschuss geben. „Wir hoffen, dass der Senat daraus Maßnahmen ableitet, die über das bisherige Winternotprogramm hinausgehen“, sagt Rose.
„Das Sterben und die Verelendung auf Hamburgs Straßen muss ein Ende haben.“– Stephanie Rose, Linksfraktion
Noch bevor am Mittwoch rund 50 Mitarbeiter*innen aus der Wohnungslosenhilfe in Sichtweite des Rathauses den Toten gedachten, hatte die Sozialbehörde in einer Pressemitteilung klargestellt, dass in den Unterkünften des Winternotprogramms noch ausreichend Platz für obdachlose Menschen sei und eine Öffnung der Hotels derzeit nicht zur Debatte stehe.
Dass Großunterkünfte mit Mehrbettzimmern allerdings von einem Teil der Obdachlosen gemieden werden, ist seit Jahren bekannt – auch der Hamburger Sozialbehörde, kritisiert Michael Edele. Der Landesleiter der Caritas Hamburg verweist auf Ängste vor dem Coronavirus und Menschen mit psychischen Erkrankungen, denen es schwerfalle, sich auf Großunterbringungen einzulassen
„Das bestehende Hilfesystem ist nicht ausreichend.“– Michael Edele, Caritas Hamburg
„Das bestehende Hilfesystem ist nicht ausreichend“, sagt Edele. Zwar kam es auch in den Vorjahren zu tragischen Todesfällen auf der Straße. So starben im gesamten vergangenen Winter vier Obdachlose draußen auf der Straße. Doch jetzt hat sich die Zahl in nur sechs Wochen verdoppelt. „Es sind erschreckende Zahlen, die deutlich machen, dass in dieser Stadt etwas geschehen muss“, sagt Edele. „Das Sterben auf der Straße muss sofort beendet werden. Angesichts der Pandemie und der widrigen Temperaturen benötigen wir kleine dezentrale Unterkünfte und eine Öffnung der Hotels.“