Neue Zahlen des Senats :
Immer mehr Mietwohnungen werden Eigentum

Sogar in Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung wurden im vergangenen Jahr mehr als 300 Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt. Foto: Actionpress / Bernd Nasner

Die Zahl der Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen in Hamburg steigt an. Allein in den vermeintlich besonders geschützten Gebieten genehmigten die Ämter 2019 die Umwandlung von 325 Wohnungen. Die Linke fordert einen sofortigen Stopp.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Eigentlich soll es in Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung besonders schwer sein, eine Miet- in eine Eigentumswohnung umzuwandeln. Dass dem nicht so ist, zeigt die Senatsantwort auf eine Bürgerschaftsanfrage der Linksfraktion. Demnach genehmigten die zuständigen Bezirksämter in Mitte, Altona und Eimsbüttel zwischen 2015 und 2019 die Umwandlung von 588 Wohnungen. Bemerkenswert: Allein im vergangenen Jahr waren es 325 – fast viermal mehr als im Jahr zuvor.

„Die Zahl steigt offensichtlich stark an“, sagt Heike Sudmann, Fachsprecherin für Wohnen und Stadtentwicklung der Linksfraktion. Eine Erklärung dafür hat sie nicht, wohl aber eine Forderung: „Mietwohnungen sollten grundsätzlich nicht in Eigentum umgewandelt werden dürfen, zumindest nicht in Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung.“ Hier eröffne die derzeitige Gesetzeslage zu viele Schlupflöcher und Widersprüche: „Einerseits heißt es, Mieter*innen in diesen Gebieten würden besonders geschützt. Andererseits können Eigentümer*innen Wohnungen dort nach sieben Jahren auch an Dritte verkaufen.“

Laut Baugesetzbuch müssen die Ämter eine Umwandlung in besonders geschützten Gebieten in einer ganzen Reihe von Fällen genehmigen – zum Beispiel wenn Eigentümer*innen erklären, sie würden die Wohnungen für die kommenden sieben Jahre nur Mieter*innen zum Kauf anbieten. Eine rot-grüne Bundesratsinitiative mit dem Ziel, diesen Passus zu streichen, „wurde zurückgezogen, da die entsprechende Drucksache keine Mehrheit im Bundesrat erhalten hätte“, erklärte eine Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde auf Hinz&Kunzt-Nachfrage. Die Ausnahmeregelung habe sich „als Einfallstor erwiesen“, hatte Senatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) im Oktober vergangenen Jahres erklärt und darauf verwiesen, dass es „sehr selten“ zum Verkauf an Mieter*innen komme. Hamburg habe, so Stapelfeldt weiter, seit 2016 „Umwandlungsgenehmigungen für insgesamt 292 Wohneinheiten auf dieser Basis erteilen“ müssen – Tendenz steigend. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor, erklärte die Behörde nun auf Nachfrage.

Auch wie viele Mietwohnungen hamburgweit in den vergangenen Jahren zu Eigentum geworden sind, ist laut Senat nicht bekannt. Umwandlungen seien „nur für die Geltungsbereiche von Sozialen Erhaltungsverordnungen genehmigungspflichtig“. Erfasst wird hingegen die Zahl der sogenannten Abgeschlossenheitserklärungen, erster formaler Schritt bei der Umwandlung einer Miet- in eine Eigentumswohnung: 14.777 entsprechende Erklärungen registrierten die Ämter in den vergangenen fünf Jahren. Auch hier ist die Zahl zuletzt deutlich gestiegen: von 2357 in 2018 auf 3267 in 2019.

Anders als der Hamburger Senat hat die Berliner Landesregierung jüngst Zahlen zu Umwandlungen vorgelegt – und die haben es in sich: 72.629 Mietwohnungen wurden dort in den vergangenen fünf Jahren zu Eigentum, 18.382 davon in sozialen Erhaltungsgebieten. Im Vergleich zur vergangenen Dekade, so der Berliner Senat in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, hätten sich die Umwandlungszahlen „massiv erhöht“.

Ob das sogenannte Baulandmobilisierungsgesetz, dessen Entwurf die Bundesregierung kürzlich vorgelegt hat, Umwandlungen in gefragten Städten wie Berlin und Hamburg künftig wie angekündigt tatsächlich erschweren wird, ist fraglich. Denn weiterhin sind zahlreiche Ausnahmeregelungen vorgesehen. So sollen Eigentümer*innen ein Drittel der Wohnungen eines Hauses an Dritte verkaufen dürfen, wenn sie erklären, dass sie zwei Drittel an Mieter*innen verkaufen. Das führe dazu, dass alle Bewohner*innen befürchten müssten, wegen Eigenbedarfs gekündigt zu werden, erklärte der Deutsche Mieterbund und forderte, dieses „Schlupfloch“ zu schließen. Auch Mieter helfen Mietern übte Kritik: Ursprünglich habe im Gesetzentwurf gestanden, dass die Umwandlungsbremse immer wieder aufs Neue um fünf Jahre verlängert werden könne. Nun solle sie nur noch bis Ende 2025 gelten, so Geschäftsführerin Sylvia Sonnemann – aus ihrer Sicht ein Fehler: „Es geht hier nicht um ein vorübergehendes Problem.“

Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.

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