Neue soziale Wohnungspolitik :
Bündnis fordert mehr Wohnungen für Menschen in Wohnungsnot

Rund 1800 Sozialwohnungen in Steilshoop müssen bislang nicht an Menschen mit Dringlichkeitsschein vermietet werden, obwohl sie extra für diesen Personenkreis gebaut wurden. Foto: Bildarchiv Hamburg

Ohne einen einzigen Bagger, Bauarbeiter oder Bebauungsplan könnte Hamburg pro Jahr zusätzlich 150 Wohnungen für Menschen in Wohnungsnot bereitstellen. Ein kleines Hilfsprogramm, das der Senat kurioserweise durch Untätigkeit ermöglichen könnte.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Ende des Jahres endet in Hamburg die so genannten Freistellung für Mümmelmannsberg, Wilhelmsburg, Neuallermöhe-West und Steilshoop. In diesen vier Wohngebieten liegen etwa 7000 Sozialwohnungen, die bislang nicht an bedürftige Menschen vermietet werden. Das Bündnis für eine neue soziale Wohnungspolitik fordert jetzt, freiwerdende Wohnungen in diesen Stadtteilen künftig an Menschen mit Dringlichkeitsschein zu vermieten.

„Wir appellieren seit Jahren an den Senat, die Versorgung von Wohnungsnotfällen zu verbessern, ohne dass durchgreifende Maßnahmen getroffen werden müssen“, sagt Sprecher und Diakonie-Chef Dirk Ahrens. „Das Auslaufen der Freistellungen wäre der schnellste, einfachste und kostengünstigste Weg, die Situation von kinderreichen Familien, älteren Menschen, Rollstuhlfahrer*innen und anderen Menschen in Wohnungsnot zu verbessern.“ Derzeit würden rund 12.000 solcher Haushalte trotz Dringlichkeitsscheins vergeblich auf eine Sozialwohnung warten, beklagt das Bündnis.

Nur noch rund 77.000 Sozialwohnungen in Hamburg

Seit Ende der 1970er-Jahren gibt es in Hamburg sogenannte Freistellungsgebiete. Damals gab es rund 400.000 Sozialwohnungen (aktuell: rund 77.000) und zugleich deutlich weniger Arbeitslose als heutzutage. Um Mümmelmannsberg und Steilshoop aufzuwerten, wurden deswegen Vermieter*innen in diesen Stadtteilen von der Pflicht befreit, ihre staatlich finanzierten Wohnungen an bedürftige Menschen zu vermieten.

40 Jahre später hat sich Situation komplett gewandelt. Aus Sicht der Diakonie ist es daher nicht mehr nachvollziehbar, dass tausende Sozialwohnungen weiterhin nicht an bedürftige Menschen vermietet werden. In der Vergangenheit hatte der Senat die Freistellung in Mümmelmannsberg, Wilhelmsburg, Neuallermöhe-West und Steilshoop stets verlängert. Dieses Mal hofft das Bündnis darauf, dass die Verantwortlichen im Senat ihre Unterschrift nicht unter den Antrag zur Verlängerung setzen.

Durch diese „Untätigkeit“ würden bei einer normalen Fluktuation von etwa sieben Prozent in den betroffenen Stadtteilen jedes Jahr bis zu 500 Sozialwohnungen frei, rechnet das Bündnis vor. 150 davon könnten umgehend an Menschen in Wohnungsnot vermietet werden.

350 weitere Wohnungen würden darüber hinaus jährlich bei der Saga frei. Mit dem städtischen Wohnungsunternehmen und neun Genossenschaft bestehen allerdings bereits Kooperationsverträge. Die Unternehmen verpflichten sich darin, rund 2400 vordringlich wohnungssuchende Haushalte mit Wohnraum zu versorgen. Unabhängig von der Fluktuation. Gingen durch die Aufhebung der Freistellungsgebiete jedes Jahr deutlich mehr Saga-Wohnungen in die Neuvermietung, müssten die bestehenden Kooperationsverträge überarbeitet werden, fordert das Bündnis.

Der Senat reagiert auf die Forderung nach einem Ende der Freistellungsgebiete jedoch zurückhaltend. Man prüfe. Allerdings müsse man abwägen: zwischen einer Verbesserung der Wohnraumversorgung und dem gleichzeitig bestehenden Wunsch nach einer „Verbesserung der Sozialstruktur“.

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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