Seit zwei Wochen gibt es eine neue Anlaufstelle am Bahnhof Holstenstraße. Das Angebot wird dankbar angenommen, wie die Betreiber*innen sagen. Das liegt womöglich auch am toleranten Umgang mit Alkohol in der Einrichtung.
„Kannst du mal kurz meine Krankenkasse anrufen?“ Solche Fragen hört Ilka Nolde in der neuen Beratungs- und Begegnungsstätte am S-Bahnhof Holstenstraße immer wieder. Die Straßensozialarbeiterin des Vereins Palette ist Teil des vierköpfigen Teams, das seit zwei Wochen Menschen von der Straße die Tür öffnet und ihnen bei Sorgen und Nöten zur Seite steht – sei es bei drohendem Wohnungsverlust, bei der Suche nach einer Suchttherapie oder eben bei klärenden Gesprächen mit Versicherung oder Behörden.
Das Angebot kommt offenbar gut an. Im Durchschnitt seien an jedem Tag, an dem die Anlaufstelle geöffnet ist, 10 bis 15 Klient*innen da, sagt Sozialpädagoge Florian Pittner. Einige seien in der kurzen Zeit bereits so etwas wie Stammkunden geworden: „Da macht man sich schon Sorgen, wenn sie nicht erscheinen.“ Auch seine Kollegin Teresa Ladehoff, Sozialarbeiterin beim städtischen Unternehmen fördern & wohnen (f&w), stellt fest: Viele der Menschen, die sich tagsüber rund um die S-Bahnhaltestelle Holstenstraße aufhalten, fühlen sich in der Anlaufstelle gut aufgehoben. Und konkrete Erfolge seien auch schon in Sicht, sagt sie: „Vielleicht können wir morgen schon jemanden in die Entgiftung vermitteln.“
In erster Linie soll das Haus an der Stresemannstraße 150 eine Begegnungsstätte sein, in der sich Menschen von der Straße treffen, zur Toilette gehen, Kaffee trinken, eine Mahlzeit aufwärmen oder Wäsche waschen können. Das Beratungsangebot ist freiwillig, wie Rosanna Oldenburg betont: „Man muss hier nichts offenlegen.“ Wichtig sei vor allem eine vertrauensvolle Atmosphäre.
Dazu gehört auch die Akzeptanz von leichten alkoholischen Getränken im Haus. „Es ist an der Zeit, Einrichtungen auszuprobieren, in denen die Menschen ihr Bier nicht verstecken müssen“, erklärt Anke Mohnert. Natürlich müsse der Konsum im Rahmen bleiben, niemand soll belästigt werden. Auch solle die Anlaufstelle kein Treffpunkt zum Trinken sein. Nach bisheriger Erfahrung sei das aber auch nicht zu befürchten, sagt Anke Mohnert. Die Klient*innen würden sich sehr zurückhaltend verhalten, viele würden ihr Bier ohnehin vor der Tür lassen – und drinnen lieber Kaffee trinken.
Städtisches Unternehmen und freier Träger arbeiten Hand in Hand
Dass Hilfe gefragt ist, ist seit langem klar. Der Bahnhof Holstenstraße ist für viele Menschen, die ihre Tage und manchmal auch Nächte in Altona auf der Straße verbringen, ein Treffpunkt. Einige von ihnen sind offensichtlich suchtkrank, was wiederum in der Nachbarschaft Verunsicherung hervorruft. Nun ist eine Anlaufstelle geschaffen, bei der städtische Institutionen und freie Träger Hand in Hand arbeiten: Fördern und wohnen betreibt die Einrichtung, der Verein Palette ist Kooperationspartner. Es ist das erste Mal, dass beide in einem Team zusammenarbeiten. Beauftragt und finanziert wird die Arbeit vom Bezirksamt Altona und der Sozialbehörde.
Wünsche aus der Szene ins Konzept aufgenommen
Von den Klient*innen ist an dem Tag niemand da, mittwochs bleibt die neuen Anlaufstelle geschlossen. Dass mit der Eröffnung im Januar auch für sie ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen ist, steht für die Fachkräfte des Vereins allerdings außer Frage. Bei der Suche nach einem passenden Konzept seien auch die Menschen aus der Szene rund um den Bahnhof nach ihren Wünschen gefragt worden. „Die Leute freuen sich, dass es jetzt eine Anlaufstelle gibt“, sagt Anke Mohnert. „Es haben wohl viele schon nicht mehr daran geglaubt.“
Kontakt zur Anlaufstelle
Stresemannstraße 150, neben dem S-Bahnhof Holstenstraße.
Öffnungszeiten: montags und donnerstags 14-18 Uhr, dienstags und freitags 12-16 Uhr, mittwochs geschlossen