Wer Wohnungen ohne guten Grund länger als vier Monate leer stehen lässt, verstößt gegen das Gesetz – und muss mit Strafen rechnen. Eigentlich. Denn eine Hinz&Kunzt-Recherche zeigt: Die Stadt schaut verzagt dabei zu, wie Spekulant*innen Häuser entmieten, um sie teuer zu verkaufen.
Irgendwann im Sommer 2018 beginnt Inga-Britt Sievers, sich zu wundern. Die WG über ihr ist ausgezogen, kurz vorher haben die Mieter die Wohnung im Jean-Paul-Weg noch frisch gestrichen. Doch anschließend steht sie einfach leer. Ein Monat vergeht. Zwei Monate. Drei Monate. Nichts geschieht. Nach sechs Monaten schaut sich Frau Sievers in ihrer Straße um und sieht: Nicht nur bei ihr im Haus steht eine Wohnung leer. Nein, auch in den Nachbarhäusern gehen hinter manchen Fenstern nie Lichter an. „Das war irgendwie beängstigend“, erzählt die 64-Jährige. „Man fragt sich: Was passiert da?“
Sie spricht mit ihrem Nachbarn Ernst Otte. Auch der pensionierte Lehrer ist beunruhigt. Die beiden beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen. Klingeln in den Häusern rundrum, befragen Bewohner*innen. Und stellen fest: Rund 40 Wohnungen stehen leer, viele seit längerer Zeit, von bis zu sieben Jahren ist die Rede. Eigentümerin in allen Fällen ist seit Anfang 2018 eine Firma namens HRP Hamburg Residential.
Auf den ersten Blick scheint die Sache klar: Wer Wohnungen länger als vier Monate ohne guten Grund leer stehen lässt, verstößt gegen das Gesetz. Bis zu 500.000 Euro Geldbuße sind möglich. Das soll Zweckentfremdung von Wohnraum verhindern. Auf Nachfrage erklärt das Bezirksamt: „Die üblichen und notwendigen Verfahrensschritte wurden umgehend eingeleitet.“ Soll heißen: Das Amt schreibt einen Brief.
Was ist das für eine Firma? Bald wird klar: Der HRP gehören nicht nur in der Jarrestadt, sondern auch in Eppendorf und Winterhude Wohnungen, die seit langer Zeit leer stehen. Und noch etwas fällt auf: Die bis dahin in Hamburg ansässige GmbH hat ihren Sitz Ende 2018 ins Steuerparadies Luxemburg verlegt. Ein Zufall?
Mehr über das Geschäftsmodell der HRP und die Versuche des Bezirksamts, den Leerstand zu beenden, lesen Sie in unserer aktuellen Januar-Ausgabe.