Mit einer kreativen Protestaktion haben Berliner Sozialarbeiter auf die Vertreibung von Obdachlosen aufmerksam gemacht. Sie befestigten Holzbänke an Betonpollern, auf denen man zuvor nicht sitzen konnte.
Der Vorplatz des Berliner Ostbahnhofs war früher ein beliebter Treffpunkt für Obdachlose, erzählt Straßensozialarbeiter Andreas Abel: „Die saßen immer auf so einem Mäuerchen.“ Das diente als Abgrenzung zu einem Parkplatz. 2012 ersetzt die Deutsche Bahn das Mäuerchen durch quaderförmig Poller, knapp zwei Meter voneinander entfernt. Kein gemütlicher Ort mehr, um gemeinsam Zeit zu verbringen. „Trotzdem saßen dort weiterhin Obdachlose“, sagt Abel im Gespräch mit Hinz&Kunzt.
Schließlich montierte die Bahn Spitzen aus Metall auf den Beton, erzählt Abel. Verweilen war dort dann nicht mehr möglich. Er habe lange mit Kollegen gegrübelt, welchen Zweck diese pyramidenförmigen Aufsätze erfüllen sollten. Lachend führt er fort: „Schließlich sind wir auf des Rätsels Lösung gekommen: Sie dienen perfekt als Halterungen für Sitzbänke.“
Kurzerhand fertigten die handwerklich begabten Straßensozialarbeiter drei Sitzbänke an und hängten sie an diesem Mittwoch, den 14. August, zwischen die Poller. „Endlich kann man dort wieder sitzen“, sagt Abel. Zwar hätten sich Mitarbeiter des benachbarten Parkplatzes beschwert. Man sei aber in Gesprächen und hoffe, dass man eine Lösung findet. „Die Bänke kann man jederzeit aushängen und sie hinterlassen keinen Schaden an den Metallspitzen.“ Die Deutsche Bahn äußerte sich gegenüber Hinz&Kunzt auf Nachfrage nicht zu der Aktion.
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Bahn über bauliche Maßnahmen versucht, Obdachlose und Trinker zu vertreiben: In Hamburg ließ sie Ende 2016 Metallzacken auf eine Mauer am Hauptbahnhof montieren. Die waren jedoch nur von kurzer Dauer: Nach einem Hinz&Kunzt-Bericht intervenierte Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) und ließ die Vorrichtung entfernen.