Was lange währt, wird endlich gut: Die Selbstverwaltung des Gängeviertels ist für die kommenden 75 Jahre gesichert! Die Sprecherin der Gängeviertel-Genossenschaft erklärt, wie es mit dem Viertel jetzt weitergeht.
Knapp eine Woche nach der Verkündung des Vertragsabschlusses ist Christine Ebeling noch immer im Stress und rast von Termin zu Termin. Doch die Sprecherin der Gängeviertel-Genossenschaft hat sich Zeit genommen, um mit uns über die Zukunft des Gängeviertels zu sprechen. Die sieht grundsätzlich gut aus: nach zähen Verhandlungen haben der Senat und die Genossenschaft sich auf einen Erbaurechtsvertrag geeinigt, der die Selbstverwaltung des Gängeviertels und die Sanierung der ehemals besetzten Häuser für die nächsten 75 Jahre sichert. Die Zustimmung der Bürgerschaft gilt als sicher.
Das schaffe neue „gesellschaftliche Möglichkeitsräume“, schwärmt Ebeling: das Angebot sozialer und kultureller Projekte könne nun noch weiter ausgebaut werden. Der Gängeviertel-Genossenschaft sei es wichtig, Räume zu schaffen, die Wohnen und Arbeiten miteinander verbinden. Gleichzeitig sind den ehemaligen Besetzern öffentliche Flächen wichtig, wie zum Beispiel Galerien oder gemeinschaftlich genutzte Werkstätten, die offen für Jeden sind.
Gerade diese Gemeinwohlräume fehlen ihrer Meinung nach in unserem eher segregierten Stadtbild: „Man hat keine Möglichkeit diese Räume zu finden“, sagt Ebeling. Dies liege vor allem daran, dass Wohn- und Gewerbeimmobilien getrennt voneinander geplant werden. Die Gängeviertel-Genossenschaft will eben dieser Städtebauentwicklung ein Modell entgegensetzen, das mehr offene, gemeinschaftlich genutzte Räume bietet.
Neue Sozialwohnungen fürs Gängeviertel
Mit der Einigung auf den Erbbaurechtsvertrag hat die Initiative des Gängeviertels es geschafft, langfristig Räume sowohl für die kulturelle Nutzung als auch für den sozialen Wohnungsbau auf ihrem Grundstück in der Innenstadt zu sichern. In den nächsten Jahren werden insgesamt mehr als 60 öffentlich geförderte Wohnungen, Ateliers und Werkstätten geschaffen, darunter fällt ein „Residency-Programm“, das Wohn- und Arbeitsräume für Künstler, Stadtentwickler und Sozialwissenschaftler bieten soll. Noch in diesem Jahr geht es mit dem ersten Haus in der Speckstraße in die Sanierungsphase. Die Stadtentwicklungsgesellschaft steg baut hier im oberen Geschoss neue Sozialwohnungen. Im Erdgeschoss befindet sich heute die Galerie Speckstraße, der noch weitere Atelierräume hinzugefügt werden.
Ganz im Sinne des Slogans „Die Stadt gehört allen“ sollte es nach Christine Ebeling mehr solcher Möglichkeits- und Gemeinschaftsräume in der Stadt geben. Doch leider verlören viele Kulturräume in der Stadt ihre Daseinsberechtigung und sind in den Plänen der Investoren oft nicht vorgesehen. So bangt beispielsweise die Punker-Kneipe „Kogge“ auf St. Pauli und das „Molotow“ nach dem Abriss der Esso-Häuser weiterhin um seine Existenz. Christine Ebeling wünscht sich, dass der Vertrag mit der Stadt ein Vorbild für ähnliche Projekte wird, die – wie die Initiative des Gängeviertels – niederschwellige Strukturen für Kultur und Soziales sowie bezahlbare Räume ermöglichen.