Noch ist das Gelände am Spielbudenplatz, wo einst die Esso-Häuser standen, leer. Der Bau des Paloma-Viertels stockt. Doch Stadt, PlanBude und Nachbarschaftsinitiative setzen sich jetzt dafür ein, dass der Bau von günstigen Wohnungen und Nachbarschaftsangeboten nicht scheitert.
Bezahlbare Wohnungen. Dachgärten, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Viel Platz für Nachbarschaftsinitiativen, günstige Gewerbemieten und die Garantie, dass der Musikclub Molotow und das Rock ‘n‘ Roll-Hotel Kogge zurückkehren können – als im Mai 2018 die Pläne für das neue Paloma-Viertel präsentiert wurden, herrschte Aufbruchstimmung im Herzen von St. Pauli.
Vorausgegangen war ein langer, zäher Streit darüber, wie genau es am Standort Spielbudenplatz weiter gehen sollte. Hier, wo bis zu ihrem Abriss 2014 die Esso-Häuser standen. Im Mittelpunkt der Kontroverse: Der Investor, die Bayerische Hausbau. Der kaufte das Areal schon 2009 und wollte dort zuerst 240 Wohnungen bauen. Ein Drittel davon sollten Eigentumswohnungen sein, dazu großflächig Gewerbe. Kritiker wie die Esso-Initiative fürchteten einen Ausverkauf.
Danach begann ein bis dato in Deutschland beispielloser Beteiligungsprozess, bei dem sich die zerstrittenen Parteien sowie Vertreter des Bezirks Mitte und des Senats an einen Tisch setzten. Der Bezirk installierte mit der PlanBude einen Ansprechpartner vor Ort. Hier konnten Hamburger ihre eigenen Vorschläge für die Neubebauung einreichen: Mehr als 2000 Menschen nutzten diese einmalige Chance. Ihre Ideen wurden im so genannten St. Pauli Code gebündelt. Im November 2018 flossen viele dieser Ideen in den städtebaulichen Vertrag ein. Bezirkspolitiker jubelten: Hier entstehe ein Viertel, „dass dem Stadtteil insgesamt zu Gute kommt.“
Finanzbehörde greift ein
Doch zuletzt stockte es ausgerechnet an der Stelle, die reserviert war für die Nachbarschaftsinitiativen und eine Baugemeinschaft, die hier Sozialwohnungen bauen soll. Bis Anfang April hatte sich niemand auf das betreffende Baufeld 5 beworben. Hier soll ein siebenstöckiges Gebäude entstehen, in dem öffentlich geförderte Wohnungen und Nachbarschaftsangebote wie eine Stadtteilküche und eine Werkstatt Platz finden. Der Ausschreibungstermin hierfür wurde mehrfach verlängert – es tat sich dennoch nichts.
Das Problem: Die Grundstückskosten waren für die in Frage kommenden Bewerber – Kleingenossenschaften, Stiftungen – schlicht zu hoch. 800 Euro pro Quadratmeter sind im städtebaulichen Vertrag festgeschrieben. „Das ist aber nur die halbe Wahrheit“, sagt Tobias Behrens, Geschäftsführer der Hamburger Stattbau, die Baugemeinschaften berät.
Hinzu kämen 300-400 Euro pro Quadratmeter für ein Kellergeschoss, das zwangsweise dazu gekauft werden müsste. „Wir hatten hier Interessenten, denen ich vorgerechnet habe, dass sie bei circa 2000 Euro pro Quadratmeter Eigenanteil dabei wären. Da haben alle abgewinkt“, sagt Behrens. „Zudem ist die Baustelle mega-mäßig kompliziert und eng, was die Baukosten in die Höhe treibt.“
Am 6. April wurde bekannt, dass sich die Stadt erneut in die Verhandlungen eingeschaltet hat: Die Finanzbehörde prüfe nun den Kauf von Baufeld 5.
„Alle beteiligten Behörden haben ein hohes Interesse daran, dass die breit abgestimmte und für den Stadtteil insgesamt enorm wichtige Projektplanung für das Paloma-Viertel auch Wirklichkeit werden kann“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) dem Hamburger Abendblatt.
PlanBude: „Noch ist nichts gesichert“
Auch die Macher der PlanBude äußerten sich am Dienstag positiv: „Wir sind froh, dass die Stadt jetzt gesagt hat, wir prüfen einen Kauf“, sagte Margit Czenki, „es muss sich jetzt was bewegen“. Die PlanBude-Macher warnten jedoch: In trockenen Tüchern sei das Ganze noch lange nicht. Margit Czenki: „Das, was den Leuten am wichtigsten war, ist nicht gesichert.“
Noch gebe es keine verbindliche Zusage der Finanzbehörde für den Kauf von Baufeld 5. Und auch für das Baufeld 2, an dem der Club Molotow und das kleine Musiker-Hotel Kogge angesiedelt werden sollen, gebe es noch keine Verträge. Zudem sei die öffentliche Nutzung von Dächern als Freizeitflächen sei noch nicht fixiert.
Der Bezirk müsse daher nun für Planungssicherheit sorgen, forderte die PlanBude. Rechtlich seien noch nicht alle Mittel ausgeschöpft. Im Bebauungsplan könnten die Dachnutzungen und die Funktionen des Nachbarschaftsclusters explizit festgelegt werden. Ermöglicht werde das durch die Einordnung des betreffenden Baufeldes als „Urbanes Gebiet“.
Gleiches hatte zuvor schon die Initiative Esso-Häuser gefordert: „Es muss eine kulturelle und soziale Nutzung im B-Plan festgeschrieben werden, um die Ansiedlung von kulturellen und sozialen Einrichtungen langfristig zu garantieren“, heißt es dazu in einer Stellungnahme. Doch das müsste bald passieren, denn: Im städtebaulichen Vertrag ist eine Deadline für eine Vorweggenehmigungsreife des Bebauungsplans festgehalten: der 30. Juni 2019.
Die PlanBude-Macher erklärten am Dienstag, sie wollen so lange vor Ort am Spielbudenplatz bleiben, bis die Forderungen des Stadtteils aus der Wunschproduktion erfüllt sind: „Wir wollen nur, dass das, was vereinbart ist, umgesetzt wird.“