Mit einer Kunstaktion setzten sich am Nikolausmorgen rund 70 Menschen für eine Tagesöffnung des Winternotprogramms ein. Bislang schickt die Stadt trotz Kälte und Nässe rund 600 Obdachlose tagtäglich um spätestens 9.30 Uhr aus den Notunterkünften vor die Tür.
Vor der Notunterkunft im Schaarsteinweg neben der Michelwiese versammelten sich am frühen Morgen des 6. Dezembers Obdachlose, Hinz&Künztler, Schauspieler vom Scharlatan Theater und andere Interessierte. Stellvertretend für alle Obdachlosen, die auf der Suche nach einem warmen und trockenen Ort durch die Stadt wandern, machten sie in Schlafgewändern auf deren Nöte aufmerksam.
An der Aktion nahm auch Hinz&Künztler Jörg teil. Der 47-Jährige lebte mehrere Jahre auf der Straße. „Man läuft den ganzen Tag wie im Tran durch die Stadt und findet keine Wärme und keinen Halt“, sagt er rückblickend. Vor vier Jahren fand Jörg endlich eine Wohnung. „Dort konnte ich endlich wieder in Ruhe schlafen.“
Dem langjährigen Hinz&Kunzt-Verkäufer war es trotzdem ein wichtiges Anliegen, jetzt auch andere Obdachlose zu unterstützen. „Auf der Straße wird man beschimpft und verscheucht. Obdachlose haben keine Lobby. So kann es nicht weitergehen.“
Im Winternotprogramm finden die Obdachlosen nachts ein wenig Ruhe. Sie können sogar ihre Wertsachen wegschließen. Doch jeden Morgen schließen um spätestens 9.30 Uhr die beiden Notschlafstätten. Alle müssen raus. Dagegen protestiert Hinz&Kunzt bereits seit Jahren – zuletzt vor zwei Jahren zusammen mit mehr als 57.000 Hamburgern, die eine Petition für eine Tagesöffnung unterzeichneten. „Das Leben auf der Straße ist lebensgefährlich. Besonders jetzt im Winter“, sagt Hinz&Kunzt-Chefredakteurin Birgit Müller. „Die Obdachlosen brauchen tagsüber einen Ort, wo sie wirklich Ruhe finden.“
Auch osteuropäische Obdachlose, die im Winternotprogramm abgewiesen werden und deshalb bei Minustemperaturen draußen schlafen, muss geholfen werden, fordert Hinz&Kunzt. „Hamburg, mach nicht dicht!“, sagt Birgit Müller. „Das Winternotprogramm muss für alle Obdachlosen da sein – und zwar rund um die Uhr.“
Hinz&Künztler Jörg hatte extra seinen Bademantel eingepackt, um sich an der Aktion zu beteiligen. Ein Zeichen setzen, das sei wichtig. Aber eine Protestaktion alleine reicht nicht aus, findet er. Zusammen mit dem Straßenmagazin Hinz&Kunzt will der ehemalige Obdachlose mit einer weiteren Online-Petition der Forderung Nachdruck verleihen.
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