Seit 20 Jahren ist die Fußgängerzone in der Innenstadt ihre Bühne. Dort treffen die Musiker von Rock die Straße immer wieder auf Obdachlose und Hinz&Kunzt-Verkäufer. Am Samstag gaben sie ein Benefizkonzert für uns.
„Wenn wir Straßenmusik machen, sind wir ganz nah an den Menschen. Näher geht’s nicht.“ Ihre Augen funkeln, wenn Sängerin Silvia Kohl-Stolze von ihrer Band „Rock die Straße“ erzählt: „Die Kunst besteht darin, die Leute zu fesseln. Unser Publikum sind nämlich Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Arme, Reiche, Deutsche, Ausländer, einfach alle.“
Die Band feiert in diesem Jahr 20. Geburtstag. Die anderen Bandmitglieder – die Brüder Mike und Nils „Kannemann“ Manske und Wolfgang Ahrens (bis 2003, später übernahm Thorsten Fixemer) – lernte Silvia 1997 kennen. Damals machte sie noch Tanzperformances auf der Straße. Als sie hörte, wie die Jungs den Hippiesong „California Dreamin’“ von „The Mamas and the Papas“ coverten, wollte sie jedoch unbedingt mitmachen.
Die Chemie stimmt bis heute: „Wir covern Rock- und Pop-Klassiker, haben ein lauteres und ein leiseres Programm“, erzählt sie. California Dreamin’ ist bis heute eins unserer Lieblingslieder. Und Sachen von „Crosby, Stills & Nash“ sind auch genau unser Ding.“ Die Band spielt seit Langem nicht nur auf Hamburgs Straßen, sie hat auch Auftritte auf Familienfeiern, in Kindergärten, Behinderteneinrichtungen und sogar im Gefängnis: „Ein Santa-Fu-Insasse hat mal zu unserer Musik wie Michael Jackson getanzt, und ein Vollzugsbeamter hat auch mitgemacht. In dem Moment haben die den Gefängnisalltag komplett vergessen!“
Auftritte im Ausland – und auf einem Kreuzfahrtschiff
Wenn Silvia von schönen Erinnerungen erzählt, überschlägt sie sich fast und ihre großen Ohrringe wackeln. Die Straßenmusik hat die Band auch in die weite Welt befördert, denn: „Durch Hamburgs Innenstadt geht nicht nur ganz Deutschland, sondern es kommen auch Leute aus anderen Ländern. Dadurch hatten wir schon Engagements in Dänemark, der Schweiz oder auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff, das von Honolulu bis Australien unterwegs war.“
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Die Band hat damals lange mit sich gehadert, bevor sie den Job auf dem „Reichen-Schiff“ annahm: „Das muss man sich mal vorstellen: Da fahren Leute auf einem Schiff durch die Südsee, auf dem alles typisch deutsch ist, und überall macht man nur kurze Stopps, um einen möglichst kleinen Einblick in fremde Kulturen zu bekommen. Das ist doch weltfremd!“ Sie sagt: „Wir machen ja nicht aus Versehen Hippiemusik!“
Verboten: Straßenmusik in der Spitaler Straße
In all den Jahren hat die Band auf der Straße viel erlebt. Am Anfang gab es nur ein paar Bands, alle kannten sich. Heutzutage ist das Angebot vielfältiger und lauter: „Die Breakdancer und auch Panflötisten drehen ihre Anlagen richtig auf. Die machen den Leuten zwar auch Freude, aber wegen dieser Lautstärke ist die Straßenmusik in der Spitaler Straße momentan auch untersagt.“
„Die Straße ist wie unser Büro und die Obdachlosen sind wie vertraute Kollegen.“– Silvia Kohl-Stolze
Das hätte nicht sein müssen, findet Silvia. Weil es eine Regelung gibt: kein Verstärker, 15 Minuten spielen, dann 150 Meter weiterziehen und nie nachts. Wer das nicht akzeptiert, soll ruhig weggeschickt werden, findet Silvia. Sie würde auch gern mit Bezirksamtsleiter Falko Droßmann an einem runden Tisch darüber diskutieren: „Was soll das Verbot an Samstagen? Am Wochenende arbeitet doch niemand in den Büros an der Spitaler Straße. Viele Zuhörer haben uns schon gesagt, dass sie uns vermissen.“
„Die Straße ist wie unser Büro und die Obdachlosen sind wie vertraute Kollegen. Wir bewundern diese Überlebenskünstler“, so Silvia. Mit dem Benefizkonzert zu Gunsten von Hinz&Kunzt will die Band auch eines Freundes gedenken, der 2014 starb: Jonas-Philipp Roß, ein ehemaliger H&K-Verkäufer.
Benefizkonzert: Samstag, 8.4., 20 Uhr, Kulturforum Serrahn, Serrahnstraße 1; Eintritt 10/12 Euro